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Thema: Johnboy Dog: "Heaven and Hell" - Die Biografie

  1. #1
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    Johnboy Dog: "Heaven and Hell" - Die Biografie

    Moin!
    In loser Folge gebe ich hier Inhalte des im Sommer 2018 begonnen Werkes frei. Ursprünglich hatte ich vor, es zum 40-Jährigen In-Ring-Jubiläum fertigzustellen, aber das hat nicht funktioniert. Zudem haben sich Dinge indessen ziemlich gändert, wie ihr wisst. Aktuell peile ich das Frühjahr 2023 an. Nichtsdestotrotz wird es immer wieder Auszüge geben, in denen ihr beckmessern, lesen und euch informieren könnt Jeder Forenbeitrag wird ungefähr eine WordSeite betragen. Viel Spaß beim Lesen

  2. #2
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    Berlin, im Sommer 2018.

    Es ist ein kleines Cafe am Rande der Stadt, weitab vom Touristentrubel, in dem ich Dan van Konop, über die Jahre besser bekannt als Johnboy Dog, treffe. Er hat sich nicht sonderlich herausgeputzt: Das alte AwA-Shirt trägt er genauso wie das allfällige Basecap, ohne das er außerhalb des Ringes eigentlich unvorstellbar ist. Die raspelkurzen Haare, in Ehren ergraut, verschwinden darunter. Die dunklen Jeans und die dazu passenden Slipper dürfen auch nicht fehlen, ebenso wie die teuer ersparte Breitling am rechten Handgelenk.

    Als er mich sieht, richtet sich der Kopf und ein Lächeln zaubert sich auf die Züge des etwas ausgemergelt wirkenden Gesichts. Sekunden später bestellt er einen Kaffee für mich und bekommt von mir ein Dankeschön. Sich die Hand zu geben scheint selbstverständlich und auch wir machen da keine Ausnahme. Nach einigen Minuten des lockeren Plausches und der Information darüber, dass er in zwei Stunden wohl wegmüsse, was ich mit einem „kein Problem!“ beantworte, kann ich endlich das Aufnahmegerät – es ist etwa so groß wie eine Zigarrettenschachtel – auf dem Tisch platzieren und anmachen. Ich führe selten Interviews in der Öffentlichkeit und so habe ich ein wenig Sorge um den Ton. Letztlich aber bin ich guter Dinge, dass alles gutgehen wird.

    F: „Du bist jetzt seit etlichen Jahren im Business, ich selbst verfolge das seit gut zwanzig Jahren. Warum hast Du mit dem Wrestling angefangen, wie wurdest Du zu dem der Du bist und wie lange willst Du das noch machen?“

    Der Mann, der eigentlich unter die Nichtraucher und –trinker gegangen ist, zündet sich einen sehr tödlich aussehenden Glimmstengel an. Scheint also eine längere Antwort zu werden. Und tatsächlich lehnt er sich etwas zurück und hält den Blick leicht in Richtung Himmel gerichtet.

    A: „Nun…..angefangen habe ich damals, weil schon mein Vater im Business war. Wir sind damals weit draußen aufgewachsen und da war Wrestling eine der Hauptattraktionen. Mein Vater Rick war ein recht erfolgreicher Ringer und ging schließlich zum Schaukampf, wie man das damals oft nannte. Irgendwann, ich war etwa fünf, nahm er mich das erste Mal mit. Von da an war ich eigentlich immer dabei. Ich fand das sehr faszinierend, wie diese großen Männer – ich war ja gerade mal nen Meter oder sowas groß – da solch tolle Aktionen zeigten. Und besser: Einer davon war mein Dad! Und er war, jedenfalls nach dem was ich damals sah und heute weiß, alles andere als unerfolgreich.“

    Gebannt habe ich an den Lippen des Mannes gehangen, der mein Vater sein könnte. Und beobachte ihn, wie er eine kurze Pause macht. Einen Zug nimmt, einen Schluck Kaffee trinkt…und weitererzählt.

    A: „Er hat mich nach den Shows, bei denen die ich dabei war, immer mitgenommen und den Jungs vorgestellt, die ich noch nicht kannte. Franky Lanza, Superior Guy und wie sie alle hießen. Und ich habe, wann immer ich wollte, ein Autogramm auf ein Basecap des jeweiligen Veranstaltungsortes bekommen. Diese Caps habe ich heute noch, es dürften um die zweitausend sein, was ja auch bedeutet, dass ich sehr viel Shows bis Mitte der Siebziger besucht haben muss. Gerade die Shows in den Niederlanden Anfang der Siebziger waren richtig gut und manchmal denke ich, dass sich unsere Generation und jene, die danach kamen, etwas davon abschneiden könnten. So eine Ekstase und Freude habe ich danach erst wieder in Japan erlebt.“

    1971 zog es die kleine Familie aus der Gegend um Tulsa nach Roermond, nahe der deutschen Grenze. Während der Vater lediglich im Ring stand und nebenbei Catchunterricht gab, war Mutter Beth vollkommen mit dem Hüten fremder Kinder beschäftigt und arbeitete an der Internationalen Schule in Roermond. Das behielt sie auch bei, als man den kurzen Weg über die Grenze machte und sich in Emmerich am Rhein niederließ. Nicht einmal drei Monate später, Ende 1972, zog man nach Hamburg, wo man erst einmal eine kleine Weile blieb.

    A: „Als ich nach Hamburg kam, sprach ich viel besser Deutsch als mein Vater. Erst später habe ich realisiert, dass es wohl tatsächlich so ist, dass man als Kind schneller und unbefangener lernt. Rick hat sich mit der Sprache immer sehr schwergetan und sie vermieden, wo er konnte. Innerhalb der Familie blieb Englisch DIE Sprache und so wuchs ich mehr oder minder zweisprachig auf: Innerhalb des Hauses Englisch, draußen und vor allem in der Schule war Deutsch die bevorzugte Sprache. Mir hat dabei sehr geholfen, dass ich auf eine ziemlich normale Schule gehen konnte. Für die meisten Mitschüler war Englisch eine fremde Sprache, die viele aber faszinierend fanden. Ich habe so schon mit knapp zehn Jahren Kinder Nachhilfe gegeben, die viel älter waren als ich. Lehrer taten sich damals sehr schwer, diesen Stoff zu vermitteln.“

    Ich habe schon längst gemerkt, dass es besser ist, wenn ich ihn einfach reden lasse. So unterbreche ich ihn auch nicht, frage aber auch nicht weiter nach. Auch wenn es mir förmlich unter der Zunge brennt und ich allein jetzt mindestens zehn verschiedene Fragen stellen könnte – Sinn würde das zwar schon machen, das Gespräch aber vielleicht in eine Richtung führen, die es nicht verdient hat. Endlich scheint es weiterzugehen. Vielleicht sollte ich mir angewöhnen, in den Sprechpausen auch auf Pause zu drücken? Aber vielleicht würde ihn das unnötig irritieren. Also lasse ich es einfach so, wie es ist.

    A: „Ich kann mich an eine Begebenheit erinnern, da war ich zwölf….oder dreizehn? Auf jeden Fall waren wir noch in Hamburg. Einer der örtlichen Catcher namens Fred Stahlmann hatte einen Sohn, Tobias hieß der. Wir waren wie gesagt ziemlich jung und der Junge hatte ein Moped. Ich damals nicht und so war ich schon ziemlich scharf darauf, mal mit diesem Ding fahren zu können. Wir haben uns dann mit ein paar Bekannten getroffen und das gemacht, was man heute Backyardwrestling nennen würde. Wir waren nicht gut, aber hatten Spaß – und verletzt hat sich niemand. Glücklicherweise. Ich war am Ende siegreich und durfte das Moped, eine Vespa war’s glaube ich, fahren. Und ehrlich…ich bin nicht weit gekommen! Angefahren, Gas aufgedreht und im nächsten Moment zerreißt’s mit einem fürchterlichen Knallen die Kette und ich lande im Graben! Ich habe mir dabei den Knöchel beinahe gebrochen und wir haben uns mitten in der Nacht nach Hause geschlichen. Als ich in den Spiegel sah, sah ich fürchterlich aus! Als wäre ich Kopf voran durch eine ganze Baumgruppe geflogen, hätte dabei noch den Brennesseln guten Tag gesagt und danach eine Schlammpackung genommen. Seit diesem Tage hat man mich auf keinem Zweirad mehr gesehen und ich denke, für dieses Leben wird’s das dann auch gewesen sein.“

    Stille. Ich drehe mich wieder zu ihm und öffne die Augen, nachdem er zu sprechen aufgehört hat. Er sieht ziemlich zufrieden aus und wenn man diese Schilderung hört, kann ich das sogar ein wenig verstehen. Aber ich bin neugierig geworden und hoffe, dass ich ihn nicht überfalle, wenn ich den Dreh wieder zum Thema Wrestling zu lenken versuche.

    F: „Wie war denn dein erster Auftritt im Ring? Und bei welcher Begebenheit?“


  3. #3
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    Dem Veteranen ist anzusehen, dass er weiß dass viele die Antwort wohl kennen, er die Frage aber nicht sehr oft selbst beantworten musste. Meistens hatten das Dritte übernommen, so dass er sich den wirklich wichtigen Dingen hatte widmen können. Nun aber scheint er sich zu freuen….ich erwarte eine ausgiebige Antwort und, um das vorwegzunehmen, ich bekomme sie.

    A: „Wir waren damals auf einer lokalen Show in Enschede, ich muss so zwölf gewesen sein. Es waren ein paar hundert Zuschauer da und die kleine Turnhalle platzte förmlich aus allen Nähten. Wir waren mit einem Tross von gut dreißig Mann unterwegs, also so ziemlich alles, was zur erweiterten Familie gehörte. Es war Ende August, kurz nach meinem Geburtstag, das weiß ich noch….und Joost van den Brink, der Ringsprecher, erschien einfach nicht zur Show. Später hat er dann erzählt, er habe die Termine vertauscht…nach einer Lokalrunde war das dann gegessen. Jedenfalls war nun niemand da, der die Catcher ansagen konnte. Rick, mein Vater, hat dann irgendwann im Spaß gesagt, ich könne das ja machen, irgendwann solle ich sowieso in den Ring. Nicht viel später hatte ich ein Mikrofon in der Hand, das gefühlt fast so groß war wie ich selbst! Und ich stand im Ring, in diesem Seilgeviert, das mein Leben bestimmen sollte. Und wie man mir später sagte, war ich KNALLROT! Nu stand ich da und musste nacheinander mit der entsprechenden Betonung die Namen aufsagen….und was soll ich sagen? Das hat erstaunlich gut funktioniert! Ich war zwar am Ende der Show dunkelknallrot und habe vor lauter Schwitzen sicher drei Kilo abgenommen, aber ich war glücklich und bin danach mindestens eine Woche strahlend durch die Gegend gelaufen.“

    Ich muss bei dem Gedanken an den kleinen Jungen im Ring doch tatsächlich schmunzeln. Aber offenbar motiviert Dan die Erinnerung daran, so dass er gleich weitererzählt.

    A: „In jedem Fall fand man mich toll….und ich fand toll, dass man mich toll fand! Ich habe sogar in der Schule Spaßinterviews gegeben und hätte das damals schon Selfies gegeben, ich hätte heute mit Sicherheit welche. Das blieb dann aber doch allen erspart. Eine tolle Zeit jedenfalls. Mein Dad hat mir immer selbst die Entscheidung überlassen, was ich tun wollte und an dem Tag stand fest: Ich will ein verdammter Catcher werden!“

    Ich werde neugierig. Endlich nähert man sich dem wichtigsten aller Themen!

    F: „Und dann? Hast du einfach mit dem Training angefangen und alles klappte sofort, ja?“

    Ein Lachen. So herzhaft, dass ich mich unwillkürlich umsehe, ob uns jemand beobachtet. Aber der Kellner lächelt das einfach weg, scheint diesen Gast zu kennen…und zu meinen, dass er oft lacht. Puh. Ich komme noch nicht zur nächsten Frage, denn ein junger Bursche, lasst ihn zwölf Jahre alt sein, erblickt ihn. Er hat einen Kumpel dabei und noch ehe die beiden uns erreichen, haben sie ihr Smartphone gezückt. Relativ freundlich fragt der Knirps, ob er mit dem Star ein Foto machen darf. Dieser Star darf angefasst werden und nach einigen Sekunden, gefühlt aber einer halben Ewigkeit, haben die beiden Jungs mit JBD, der kurz aufgestanden ist, einige Bilder gemacht und ziehen freudestrahlend von dannen. Dan scheint meine Frage noch im Hinterkopf zu haben, denn er schießt auch gleich los.

    A: „Es wäre sicher ein Traum gewesen, wenn alles sofort geklappt hätte! Aber das hat es nicht, natürlich. Ich habe mich anfangs vor allem bei den Sachen, bei denen man eine große Körperbeherrschung braucht, sehr schwer getan. Wenn du dich überschlägst zum Beispiel, oder aber dich leicht machen musst. Oder generell Sachen mit Balance, da habe ich heute noch manches Mal Probleme.“

    F: „Was hatte das für Auswirkungen? Muss man da nicht zu einhundert Prozent drin sein?“

    A: „Nun….schau Dir einen Yokozuna an. Der war niemand, der diese Seilsachen machen musste. Schau dir kleine Wrestler an, die keinen Powerslam zeigen müssen. Es ist gar nicht nötig, alles zu zeigen; aber so ein gewisses Rüstzeug schadet natürlich nicht. Je breiter gefächert das Repertoire ist, umso sehenswerter kann das sein, was dem Publikum präsentiert wird. Athletik ist wichtig. Storytelling ist wichtig. Die Kombination aus beidem kann grandios sein!“

    F: „Verstehe. Aber wie geht man da als Teenager ran?“

    A: „Es war damals wie gesagt nicht einfach. Ich habe gerade am Anfang sehr oft Abläufe durcheinander gebracht. Man spricht ja eine gewisse Abfolge von Aktionen ab oder einigt sich auf einige, die vorkommen sollen. Manchmal habe ich dann eine Aktion vergessen und mein Partner, meistens mein Vater, wurde fuchsteufelswild, denn wenn er dich in die Seile schickt und einen BackBodyDrop zeigen will, du ihm aber einfach in’s Gesicht trittst oder an die Brust, weil du denkst dass deine Kontersequenz kommt, kommt das natürlich unerwartet und sorgt für unnötige Gefahr. Ich habe damals die eine oder andere rüde Ansage bekommen und wurde für einige Minuten komplett ignoriert, einige Male sogar für ein paar Stunden. Das habe ich später für meine Jungs auch übernommen, denn es ist die am wenigsten körperliche Strafe die man geben kann. Stolz bin ich darauf aber nicht. Heute würde ich das vielleicht anders machen, wie genau kann ich aber auch nicht sagen.“

    F: „Aber letztlich wurde es dann doch was?“

    A: „Ja, es brauchte seine Zeit, aber irgendwann – ich war knapp sechzehn – befand mein Vater mich für ringtauglich. Also so ringtauglich, dass ich auch vor Publikum auftreten sollte. Mein Debüt allerdings verzögerte sich, weil es meine Eltern zurück in die Staaten zog.“

    F: „Du wolltest nicht mit?“

    A: „Nein, eigentlich wäre ich gerne geblieben, aber wie das so ist….wenn du nicht erwachsen bist, haben nun einmal Deine Eltern das Sagen. Ich habe damals wirklich sehr damit gehadert, weil ich hier Freunde gefunden und Wurzeln geschlagen habe. Damals gab es ja das Internet noch nicht, das sicher vieles erleichtert hätte. Deshalb hatte ich eine gewisse Unsicherheit. Im Nachhinein wäre es natürlich immer leicht, zu sagen dass ich gerne wieder mitgegangen bin, aber das wäre doch sehr an der Wahrheit vorbei.“

    Tatsächlich ergab sich für Rick van Konop um 1978/79 herum eine Möglichkeit, als Pharmazeut in Oklahoma zu arbeiten, so dass er eigentlich kaum eine andere Wahl hatte. Zudem hatte man dem Mittvierziger zugestanden, sein Hobby, also den Ringkampf, weiter ausüben zu können. Auch für Dan erwies sich das im nachhinein als gut, wie sich nur wenig später zeigen sollte.


  4. #4
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    F: „Ihr wart ja dann bald wieder da und wenn ich das richtig in Erinnerung habe, bekamst du eine ganz besondere Begrüßung?“

    Wieder lächelt er. Es ist faszinierend, was dieser Mann über die Jahre für ein Lächeln erworben hat. Bar jeder Gehässigkeit, aber auch jeden Witzes. Eine Zufriedenheit, die nur wenige ausstrahlen, insbesondere wenige in diesem Business. Ich ahne, dass mir eine längere Antwort bevorsteht und noch ehe er nach einem bestätigenden Nicken meinerseits anfängt zu sprechen, bestelle ich mir einen weiteren Kaffee. Auch für ihn gibt es einen, doch er wird ihn, wie die Zeit zeigt, erst einmal verschmähen.

    A: „Tatsächlich war das so. Wir zogen fast in unser Heimatdorf, es waren eigentlich nur wenige Meilen zwischen dem damaligen Wohnort und jenem, welchen wir nun bezogen. Es gab direkt drei Tage später auch eine Veranstaltung, die die JWF* veranstaltete. Es gab insgesamt vier Kämpfe und den letzten des Abends sollte mein Vater mit jemand unbekanntes gegen das Team aus Bruce Weinhard und Larry Somczyk – die Megamaniac - bestreiten. Die Fans, es mögen dreihundert gewesen sein, wussten aber ebensowenig wie wir, wen die Liga auserkoren hatte. Ich bezog also den kleinen Raum, den der Ringsprecher sein Eigen nennen sollte, aber da saß schon jemand! Ich war ziemlich irritiert und fragte den Kerl, was er da tat, aber er wies mich ab und meinte, er solle heute die Kämpfe ansagen! Ich war nichtmal siebzehn und total enttäuscht, weshalb ich mit hängendem Kopf in Richtung Ring ging. Es war Zeit für den Hauptkampf und ich wollte ihn wenigstens aus der Nähe sehen. Ich war etwas irritiert, denn als ich durch den Vorhang trat, lag sogleich das Licht auf mir und die drei im Ring stehenden, ich erkannte meinen Vater und die beiden Gegner, winkten mir und machten recht eindeutige Gesten. Ich hatte nichts als normale Schuhe, eine Jeans und ein Hemd an, aber ich begann langsam zu verstehen. Als ich den Ring erreichte, nahm mein Vater mich zur Seite und flüsterte mir ins Ohr, dass das nun „mein“ Moment sei und ich alles wie in einem bestimmten Training tun sollte. Mir wurde heiß und kalt gleichzeitig, denn wenn jemals eine Situation den Begriff ‚Wurf ins kalte Wasser‘ verdient hatte, dann diese! Nach wenigen Minuten und den ersten Aktionen gegen Weinhard hatten dann auch die Fans realisiert, was passierte. Und tatsächlich konnten wir nach einem Cobra Clutch meines Vaters beinahe gewinnen, was mich sehr glücklich machte, insbesondere als man meinen Arm in die Höhe riss und ich in viele freudige Gesichter blickte. Trotz der Niederlage hatten wir uns diesen Respekt verdient.“

    Was der heutige Oldtimer zu diesem Zeitpunkt noch nicht wusste: Auch Rob Gessner*, Chairman der OVW* hatte den Kampf gesehen und machte sich sogleich auf den Weg nach hinten, wo auch van Konop wenig später eintraf. Er scherzte mit seinem Vater, der ebenso wenig von der Anwesenheit Gessners mitbekommen hatte.

    A: „Backstage trafen wir dann auf Rob Gessner, damals ein großes Tier einer Liga aus der Umgebung. Er hatte unseren Auftritt gesehen und war ohnehin an der Verpflichtung meines Vaters interessiert, doch am damaligen Abend wollte er auch mich gleich dazu haben. Ich war natürlich Feuer und Flamme, doch mein Vater war derjenige, der die Entscheidungen zu treffen hatte. Voller Ungeduld stand ich daneben und sah mich im Geiste schon als großer Champion! Und tatsächlich fand mein Dad kein sinniges Argument gegen die Verpflichtung, so dass er für mich – und auch für sich – noch am gleichen Abend den Vertrag unterschrieb. Ich war im Himmel! Schon wenig später sollte es losgehen.“

    Nur in seinem ersten Kampf nannte er sich Dan van Konop, das blieb über zwanzig Jahre so. Als „Raging Storm“ wurde er nun angekündigt und war damit im Trend, was Namen anging. Mit seinem Vater, damals Big Doggy genannt, teamte er sich durch die Veranstaltungen. Bald schon begann man eine Erfolgsserie, die im Herbst damit endete, dass es zu einem Titelkampf gegen die Railors, bestehend aus Mike Boggel und Steven Fencort kommen sollte. Beide van Konops waren hochmotiviert, aber wie sieht Dan das heute?

    A: „Ich konnte zunächst gar nicht glauben, dass man ausgerechnet uns diesen Spot geben wollte! Ich meine, ich war nicht ganz ein halbes Jahr dabei – gut, vielleicht doch – und hatte noch so manch einen Bock in meinen Kämpfen, wie ihn jeder junge Mann mal hat. Aber man hat mir vertraut und hey, wir haben das Ding echt gerissen!
    Was für ein Moment! Teagteam-Champion!”




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    Dortmund, Mai 2018

    „Ich weiß nicht, wie lange ich noch im Ring stehen werde.”

    Es sind kurze Worte, die der Hund verliert, als er sich warmmacht. Ich beobachte ihn in einer Halle in Dortmund, in der er sich auf sein Debüt in der National agierrenden ACW vorbereitet. Noch weiß er nicht, dass das Engagement nichts wird, weil die Liga sich kurz davor entschließt, pleitezugehen. Pleite? Ein Wort das der Hund nicht kennt, aber er hat seine Ansprüche schon zurückgeschraubt. Und kennt sich trotzdem auch mit dem Niedergang von Ligen aus.

    F:
    „Man sagt, du bist ein teurer Mann. Wie kannst du das stehen lassen?“

    A: „Ich bin sicher kein teurer Mann, aber ich habe meinen Preis, ich denke das ist der Unterschied den kaum jemand kennt. Und den habe ich, noch ehe die Truppe pleite ging, genannt. Und halt auf diesen Event hin trainiert, nachdem mir zugesichert wurde, dass das was werden kann:“

    F: „Was passierte dann?“

    A: „Nun, der Chef – Jeff Morgol – kam zu mir und sagte, dass man Schwierigkeiten haben würde, die Card vollzubekommen, weil immer mehr Akteure absagen würden. Das ließ mich verzweifeln, denn ich wollte schon ganz gerne in den Ring, aber nicht zu jedem Preis. Und als es dann darum ging, als einziger kostenlos (!) anzutreten, war ich raus. Hätte sich jemand solidarisiert, wäre es vermutlich zu diesem Engagement gekommen, so aber….“

    F: „….wurde die Geschichte nochmal anders geschrieben. Richtig?“

    A: „Genau. Wir waren in einem Hotel in Hamburg, als ein Anruf von Viddy kam. ‚Hey, es gibt den soundsovielten Brawlin‘ Rumble, willste nicht mitmachen?‘ Ich war etwas verwirrt, denn ich hab schon einmal, vor sehr vielen Jahren am BR teilgenommen und hielt das damals für etwas einmaliges. Aber nein, man wollte mich wohl wirklich und mich ehrte das Interesse sehr, weshalb ich gleich zusagte – auch wenn ich immernoch keine Liga als richtige Heimat hatte. Der Brawlin‘ Rumble ist irgendwo auch ein Tummelplatz für Legenden und in aller Bescheidenheit fühlte ich mich angesprochen. JBD war also wieder heiß!“

    F: „Und dann?“

    A: „Nun….das war sehr kurios, denn eigentlich hatte ich gedacht, ich mache jetzt erstmal den Rumble und dann…nichts. Aber Dynamite schrieb mich dann an.“

    F: „Der Dynamite, der auch die GFCW leitet?“

    A: „Ja, genau der. Und hey, er bot mir einen Platz an, doch habe ich mir Zeit bis nach dem Rumble auserbeten, weil ich erst sehen wollte, auf wen ich da treffen und ob es mir gefallen könnte.“

    F: „Der Rumble war kein guter, Du aber in der GFCW.“

    A: „Richtig, denn noch ehe ich den Vertrag für den Rumble unterschrieb, hatte ich meinen ersten Auftritt für die GFCW. Und was hatte die sich verändert! Zereo Killer, Lex Streetman, Lionel Jannek….das waren alles Namen, die ich vorher natürlich nicht kannte! Und Jason Crutch natürlich, der später noch eine riesige Rolle spielen sollte. Aber alles in allem traf ich auf eine neuformierte GFCW, zu der auch The Toxic Lugosi gehörte.“

    F: „Der The Toxic Lugosi, dem du wenig später den Intercontinental Title abnahmst?“

    A: „Ja, genau. Aber wir wollen uns nichts vormachen: Dass ich das durfte, hatte natürlich viel mit Dye zu tun, der wusste was ich kann und auch wusste, wie ich einzusetzen war. Weißt du….JBD ist im Prinzip immer ein Midcard-Character gewesen, den man nur nutzen musste und den man jederzeit wohin schmeißen konnte. Meine Performance im Rumble war noch dazu nicht so schlecht, also kam es, wie es kommen musste: Ich wurde GFCW Intercontinental Champion!“




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    Osaka, im Juni 1986

    Der Wechsel nach Japan war hart, aber er hatte sich abgezeichnet. „Wenn dir in einer Welt die Ideen ausgehen, musst du eine neue erschaffen“, soll ein weiser Mann einst gesagt haben. Recht hatte er, der gute Mann, denn in Japan war ein Mann gelandet, um sich neu zu erfinden: Raging Storm! Zunächst hatte man ihn als Luchador ausgeben wollen, doch das vertrug sich nicht mit dem Erscheinungsbild des talentierten Jungspundes. Also landete er ohne Maske, aber mit viel Motivation nahe Osaka.

    „Mich hatte damals ein wohlbekannter Kollege, Tony Adams, dazu eingeladen, mir einige Shows in Tokyo anzusehen. Das hatte ich auch gemacht und musste feststellen, dass mir der mituntr sehr stiffe Stil doch sehr zusagte. Also bekam ich eine Einladun, im Sommer 1986 an einem Turnier in Osaka teilzunehmen. Es gab damals 16 Wrestler aus vielen Ländern und ich sollte einer davon sein. Die Idee gefiel mir und so landete ich schließlich, als mich Yoshi einsammelte. Yoshi war damals so eine Art Mentor für die Gastwrestler und ein ganz witziger Typ, der zwar selbst mal catchen wollte, es aber nicht weit gebracht hatte. Dennoch war er in dieses Business vernarrt und wollte, dass es so gut wie möglich lief. Sein Traum, so sagte er, war immer in Deutschland zu wrestlen. Dass sich dieser viele Jahre später erfüllen würde, konnten wir damals beide nicht wissen.“


    Johnboy Dog, wie er sich inzwischen nannte, fühlte sich in Japan gleich wohl. Das Turnier, in der kleinen Yamaka-Halle in Osaka allerdings, war kein Erfolg…zunächst. In der ersten Runde setzte er sich in der sechsten Runde gegen Yuyaka Omagasi durch, ehe er im Viertelfinale an Karl Bösch scheiterte. Durch eine kurzfristig geschaffene Lucky-Loser-Regel und den Verletzungsausfall von Bösch schaffte er es allerdings über das Halbfinale gegen Yamako Uzugashi ins Finale, in dem er auf niemand geringeres als Tony Bright traf, damals einer der wenigen Heels aus fremden Nationen, die dennoch bejubelt wurden. Dieses Finale ging allerdings verloren. Und dennoch…


    „Ich fand diese Erfahrung damals unglaublich. Da ich offiziell aus den Staaten kam, musste ich mir etwas ausdenken, das über das übliche ‚Foreign-Ding‘ hinausging. Und das hat meiner Meinung nach sehr gut geklappt. Im Finale dann Tony Bright als Gegner zu haben, der NOCH böser sein sollte als ich, hat mir sehr geholfen. Der Kuastik nachzu urteilen, haben wir die Halle abgerissen – und wenn sie heute noch steht, statte ich ihr sehr gerne einen Besuch ab. Es gab nach dem Match kein Shakehands, sondern Tony Bright hat mich noch ein wenig vermöbelt, so dass ich danach gar keine Gedanken mehr aufwenden musste – und der Zuschauer auch nicht – wer von uns denn der „Böse“ ist.“


    Dem Match folgten viele weitere in Osaka und Umgebung. AJPW hatte inzwischen ein Auge auf den Mitzwanziger geworfen und verpflichtete ihn. Eine große Ehre, wie er auch im Rckblick feststellt.


    „Du musst dir vorstellen: Da kommt dieser Typ aus den Staaten, der auch einen Deutschen hätte spielen können – und rockt Japan! Gut, ganz Japan habe ich sicher nicht gerockt, aber die Akzeptanz und Fairness der Zuschauer – und auch Aktiven – ist etwas, an das ich heute noch gerne zurück denke. Was man ja nicht vergessen darf: Ich war von meiner Familie getrennt.“


    Tatsächlich war er gut drei Jahre zuvor Vater geworden – und Mann einer wunderbaren Frau, die er in seiner Heimat kennengelernt hatte. Sohn Tyler blieb damals bei der Mutter, weil Dan dachte, dass das Engagement in Japan nur kurz dauern würde….erst viel später zog die Familie nach. Die erste Zeit jedoch lebte der Springinsfeld in Japan allein.


    „Natürlich gab es ein paar…nennen wir sie Amüsements. Das ist in diesem jungen Alter denke ich auch vollkommen normal. Aber es war nichts dabei, für das ich mich bei Martha hätte entschuldigen müssen. Sie hat mir in dieser Zeit wirklich gefehlt und hätte es damals schon die Technik wie heute gegeben, sprich Whatsapp, sprich Videocalls, wäre das eine viel entspanntere Zeit gewesen. So aber konnte ich nur ein mal die Woche für sehr viel Geld, das hatte ich ja glücklicherweise, mit ihr telefonieren und Tyler im Hintergrund hören. Das hat mir sehr viel gegeben, so dass ich immer wieder nue Kraft tanken konnte. Zumal ich mir keine Sorgen machen musste, denn Rick hat sich sehr um die beiden gekümmert.“


    Gegen Matsuko Inahashi durfte er dann unter dem offiziellen AJPW-Banner entreten und schlug sich sehr wacker. Dafür hatte er sich in einen Ganzkörperanzug geworfen, wie ihn auch Jerry Lawler berühmt gemacht hatte. Aber dieser stand ihm, zumal er damals voll im Saft stand. Und nur kurze Zeit später folgte eine weitere Challenge…


    „Ich hatte zwischenzeitlich gegen einige Größen gecatcht. Den Great Muta zum Beispiel, auch wenn ich ihn leider nicht bezwingen konnte. Für die großen Titel war ich damals, mit gerade einmal neunzig Kilo, ein wenig zu leicht, so dass ich mich in der Lightweight-Division wiederfand, die damals geradezu spektakuläre Kämpfe zeigte. Ich hatte dort auch welche, viele sogar, denn ich konnte, wieder im Finale eines Turniers, Yakobo Uamde aus Ruanda mit einem 450° Splash entthronen. Und ich muss sagen: Ich hatte diese Aktion nie zuvor gezeigt! Um einen 450 zu zeigen, brauchst du eine körperliche Selbstbeherrschung, die auf dem Niveau eines Zirkusartisten liegt, der auf dem Hochseil balanciert. Aber ich hab es tatsächlich geschafft und diesen Move danach noch gut zwanzig Jahre durchgehend gezeigt. Bis es nicht mehr ging.“


    JBD’s Reputation im fernen Osten wuchs an und der junge Mann, aktueller Light-Champion, sonnte sich darin. Leider folgte nach der vierten Verteidigung, hier gegen Murak Oblak eine Bizepsverletzung, so dass er erst einmal aussetzen musste.


    „Ich kann mich noch an den Moment erinnern, als das passiert ist, mitten im Kampf gegen Oyama Negashita. Ich wollte ihn hochheben, eigentlich eine total banale Aktion, doch Sekunden später lag ich am Boden und wir mussten improvisieren. Mir tat der Arm ziemlich weh, so dass das wirklich nur noch kurz gehen durfte und auch ging. Danach war ich bei Dr. Saka, der damals für uns zuständig war und der erzählte mir, ich hätte einen Bizepsriss. Dem war aber nicht ganz so und ich konnte glücklicherweise nach zwei Monaten wieder ins Training gehen, zunächst allerdings dosiert. Würde ich mir die gleiche Verletzung heute zuziehen, würden Ärzte wohl in Zweifel ziehen, ob ich jemals wieder catchen könnte. So aber war ich nach einigen Wochen wieder bereit.“

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