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Thema: Bundestag verabschiedet Gesetz für Web-Sperren

  1. #16
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    Justizministerin gegen EU-Vorstoß für Internetsperren

    Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger will trotz eines Vorstoßes der EU für ein Internet-Sperrgesetz weiter auf das Löschen von Kinderporno-Seiten setzen. Zugleich will sie die anderen EU-Mitgliedsstaaten davon überzeugen, ebenfalls auf das Löschen von solch kriminellen Angeboten zu setzen.

    "Ich erwarte in den anstehenden Beratungen eine breitgefächerte Debatte, in der ich den Grundsatz 'Löschen statt sperren' vertreten und für eine möglichst breite Unterstützung im Rat und im Europäischen Parlament werben werde", sagte die FDP-Ministerin dem Hamburger Abendblatt. Die Deutsche Kinderhilfe fordert hingegen eine Rückkehr zu Internetsperren – allerdings mit einem technisch ausgereifteren Gesetz.

    Nachdem die neue Bundesregierung erst vor Kurzem die von der großen Koalition beschlossenen Netzsperren ausgesetzt hat, will die EU nun alle 27 Mitgliedsstaaten zu solchen Maßnahmen verpflichten. Das sieht ein am Montag vorgestellter Entwurf von EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström vor. Der Vorschlag nennt 22 Straftatbestände, darunter das gezielte Suchen und Betrachten von Kinderpornos im Internet, die die EU-Staaten in nationales Recht aufnehmen sollen.

    Der Vorschlag muss noch das EU-Parlament und den Rat, in dem die Mitgliedsstaaten vertreten sind, passieren. Würde das Vorhaben realisiert, müsste auch Deutschland die Sperren wieder einführen. Leutheusser-Schnarrenberger kritisierte das Vorhaben der EU- Kommission. "Die Bundesregierung lehnt Internetsperren ab. Sie stellen kein wirksames Mittel im Kampf gegen Kinderpornografie dar, führen aber gleichzeitig zu einem großen Vertrauensschaden bei den Internetnutzern", sagte sie.

    Anderer Meinung ist die Deutsche Kinderhilfe: Die Regierung sollte den EU-Vorstoß für eine Blockade von Webseiten mit Kinderpornos zum Anlass nehmen, schnell ein wirksames Sperrgesetz vorzulegen, sagte der Vorsitzende Georg Ehrmann der Neuen Osnabrücker Zeitung. Netz-Blockaden, die technisch auf der Höhe der Zeit seien, "sind ein wichtiges Mittel gegen Kinderpornografie", so Ehrmann weiter. Er betonte, das frühere deutsche Sperrgesetz hätte diese Anforderungen nicht erfüllt.

    Unionsfraktionsvize Günter Krings (CDU) sieht die Koalition nach dem EU-Vorstoß gefordert und kann sich anders als Leutheusser-Schnarrenberger auch Internet-Sperren vorstellen. "Wir müssen aufpassen, dass wir im Kampf gegen Kinderpornografie international nicht ins Abseits geraten", sagte er. Es gelte jetzt, alles daranzusetzen, eine wirksame Technik für Internet-Sperren zu entwickeln.

    Konstantin von Notz, netzpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion, sagte dem Hamburger Abendblatt hingegen: "Ich sehe nicht, dass wir einen Schritt weiter wären, wenn wir im Internet Stoppschilder aufgehängt hätten." Er betonte: "Die Stoppschilder zu umgehen ist kinderleicht. Wir brauchen überhaupt kein neues Gesetz, denn das Löschen von strafrechtlich relevanten Seiten ist rechtlich längst möglich."

    Quelle: Heise.de

  2. #17
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    Experte: Internetsperren könnten mit ACTA schleichend zum Standard werden

    Der kanadische Jurist Michael Geist hat anlässlich einer Anhörung der Liberalen (ALDE) am heutigen Dienstag im Europaparlament der Behauptung widersprochen, das geplante Anti-Counterfeiting Trade Agreement (ACTA) bringe keine Veränderungen für die nationalen Gesetze der Verhandlungspartner. Kanada werde beispielsweise regelrecht in die Zange genommen und zu Anpassungen seiner Urheberrechtsgesetze an US- und EU-Standards gedrängt, und zwar durch die ACTA-Verhandlungen und durch Verhandlungen um ein Europäisch-kanadisches Freihandelsabkommen. Auch den EU-Mitgliedsstaaten werde das hinter verschlossenen Türen verhandelte ACTA Gesetzesänderungen abverlangen, warnte Geist in einer Pressekonferenz.

    Der Kanadier, der an der Universität von Ottawa lehrt und derzeit als Hauptkronzeuge gegen ACTA gefragt ist, erläuterte, dass nicht alle ACTA-Verhandlungspartner Internetzugangssperren im Stil des französischen Three-Strikes-Konzepts installiert hätten. Gerade in der EU hätten sich viele Mitgliedsstaaten bislang gegen solche Sperren ausgesprochen; so auch heute wieder die Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger in einem Radio-Interview. In einer von Geist veröffentlichten Expertise stehen die Zugangssperren allerdings aktuell als einziger Vorschlag dafür, wie Internet-Provider (ISP) vermeiden können, von Rechteinhabern für die Urheberrechtsverfehlungen ihrer Kunden verantwortlich gemacht zu werden. In ein paar Jahren könnten nationale Gesetzgeber darauf verweisen, dass sie sich durch ACTA verpflichtet hätten, solche Maßnahmen vorzusehen, befürchtet Geist.

    Geists Bedenken teilen anscheinend Vertreter der ALDE-Fraktion, die für heute Nachmittag Experten zu einer Anhörung über ACTA geladen haben. Der Liberale Alexander Alvaro warnte, dass selbst Deep Packet Inspection als eine Form der Datenverkehrsüberwachung langfristig durch ACTA hoffähig gemacht werden könnte. ISPs wüssten dann über alle Aktivitäten ihrer Nutzer Bescheid. Alvaro widersprach der Auffassung, dass die gebeutelte Zeitungs- und Zeitschriftenbranche durch ACTA gerettet werden könne. Auch diese würde letztlich leiden, wenn der freie Informationsfluss im Netz behindert würde, warnte Alvaros Kollegin Marietje Schaake. Die Hauptsorge der Liberalen betreffe das Internetkapitel in ACTA, dessen Existenz anfangs sogar teils geleugnet wurde.

    Für die beiden Parlamentarier ist für ein Gelingen von ACTA unabdingbar, dass das EU-Parlament früher einbezogen wird und die ACTA-Verhandlungen insgesamt transparenter geführt werden. Alvaro sei nicht grundsätzlich gegen den Abschluss eines ACTA-Abkommens; allerdings werde er gegen das Abkommen stimmen, wenn die vom EU-Parlament in einer Entschließung erhobenen Anforderungen nicht erfüllt würden. Das Parlament hatte in einer Resolution gefordert, das ACTA im Kern auf gefälschte Produkte zu beschränken. Diese Forderung, um es die laut Beobachtern ein erhebliches Tauziehen gegeben hatte, würde das gesamte Internetkapitel in Frage stellen.

    Damit würde ACTA in der Tat im Kern in Frage gestellt, glaubt man dem Experten Geist. Die Ironie der ACTA-Verhandlungen liege letztlich gerade darin, dass das Abkommen erst einmal wenig Verbesserungen im Kampf gegen Produktfälschungen – etwa gefährliche Medikamente – bringe. Insbesondere der von Geist als "Country-Club-Ansatz" bezeichnete Weg, also die auf wenige Staaten beschränkten, exklusiven Verhandlungen, ist nach seiner Ansicht ein Problem, da Länder wie China, Herkunftsland zahlreicher gefälschter Produkte, außen vor blieben.

    Quelle: Heise.de

  3. #18
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    US-Unterhaltungsindustrie fordert Websperren gegen Copyright-Verletzungen

    Die Electronic Frontier Foundation (EFF) hat ein Lobbypapier der US-Unterhaltungsindustrie kritisiert, das ein deutlich schärferes Vorgehen gegen Urheberrechtsverletzungen vor allem im Internet fordert. Weniger Datenschutz und ein Aus für die Netzneutralität seien Teil der Vision der Entertainment-Wirtschaft, moniert die Bürgerrechtsorganisation. Zudem schwebe es Hollywood vor, dass staatliche Ermittler auf Kosten des Steuerzahlers die Einnahmen von Blockbustern abzusichern hätten. Es handle sich zwar nur um eine Wunschliste an die Regierung, diese verrate aber viel über die Sichtweise der Branche. Die Prioritäten von Medienkonzernen sollten so eng mit dem Internet, der Strafverfolgung und Bildungseinrichtungen verwoben werden.

    Stein des Anstoßes ist eine gemeinsame Eingabe (PDF-Datei) von Verbänden wie der Motion Picture Association of America (MPAA) und der Recording Industry Association of America (RIAA) an die Copyright-Koordinatorin im Weißen Haus, Victoria Espinel. Diese erarbeitet im Rahmen einer speziellen Arbeitsgruppe derzeit eine Strategie zur besseren Durchsetzung der Rechte an immateriellen Gütern für die US-Regierung. Darin machen sich die Lobbyvereinigungen unter anderem für eine "verkürzte Prüfung strafrechtlich relevanter Hinweise auf Vorveröffentlichungen von Musiktiteln oder Filmen" durch Ermittlungsbehörden stark, da es sich dabei um eine der schädlichsten Formen des "Copyright-Diebstahls" im Netz handle. Diese bedürfe "sofortiger Aufmerksamkeit und rascher Handlung".

    Das Papier zählt zudem verschiedene Technologien und Methoden auf, die von Administratoren und Providern im Kampf gegen Urheberrechtsverstöße genutzt werden könnten. Viele davon seien bereits zum Schutz vor Spam und Viren im Einsatz. Konkret zur Sprache kommen Mechanismen zum Überwachen und Filtern des Netzverkehrs oder spezieller Dateien anhand der Analyse von Informationen wie verwendeten Protokollen, Formaten, Metadaten oder Größe. Daneben zählen die Verbände die Drosselung der Bandbreite und Verfahren zur Inhalteerkennung wie digitale Wasserzeichen auf. Sie nennen auch das Blockieren von Webseiten und eine Umleitung verknüpft mit Warnsystemen. Damit solle es möglich sein, immer wieder gegen das Recht verstoßende Angebote gleichsam unter Quarantäne zu stellen.

    Die Zugangsanbieter sollen den Verbrauchern zudem Werkzeuge an die Hand geben, damit diese von sich aus illegale Inhalte von ihrem Rechner zu Hause aus erkennen können. Hier schwebt der Industrie Software vor, die wie ein Virenscanner funktioniert. Die Zollbehörden sollen dazu ermuntert werden, Reisende vor allem an Grenzkontrollpunkten besser über die Gefahren von Produktfälschungen für die Wirtschaft und die öffentliche Sicherheit hinzuweisen. Zollerklärungen müssten Felder zur Angabe der geplanten Einfuhr entsprechender Güter in die USA enthalten. Nicht zuletzt soll die Regierung ein Verfahren zum Identifizieren von Webseiten entwickeln, die "hauptsächlich mit der Erleichterung oder des tatsächlichen Diebstahls geistigen Eigentums zu tun haben". Dieses könne unter anderem für die Erstellung der Sanktionsliste der US-Regierung für Länder, die als schwarze Schafe beim Copyright-Schutz gelten, herangezogen werden. (Stefan Krempl) / (pmz)

    Quelle: Heise.de

  4. #19
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    Innenminister hinterfragt Koalitionslinie gegen Websperren

    Bundesinnenminister Thomas de Maizière hat sich unzufrieden über den mit dem liberalen Koalitionspartner ausgehandelten Kompromiss zur Bekämpfung von Kinderpornographie im Netz gezeigt. Deutschland habe sich "leider" eine Diskussion eingehandelt, in der ein "Entweder-Oder" zwischen der Frage "Löschen statt Sperren" oder "Sperren statt Löschen" im Vordergrund stehe, sagte der CDU-Politiker in einem Video-Chat der Tagesschau (ab Minute 25). Für de Maizière schließen sich die beiden Varianten aber nicht aus, er legte eine Kombination der Ansätze auch mit Hilfe der umstrittenen Blockaden einschlägiger Webseiten nahe. Kritiker befürchten seit Langem, dass damit eine unkontrollierbare Zensurinfrastruktur aufgebaut werden könnte.

    Schwarz-Gelb hatte sich in der Koalitionsvereinbarung auf das Prinzip "Löschen statt Sperren" verständigt. CDU/CSU und die FDP verabredeten, die im Zugangserschwerungsgesetz vorgesehenen Blockaden zunächst ein Jahr lang nicht anzuwenden. Im Februar einigten sich de Maizière und Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) auf eine zusätzliche Gesetzesinitiative zur Löschung kinderpornographischer Inhalte im Internet. Damit solle etwa die Kooperation zwischen Providern und Strafverfolgern sowie zwischen einzelnen Ermittlungsbehörden in verschiedenen Ländern verbessert werden, erläuterte jüngst der FDP-Bundestagsabgeordnete Manuel Höferlin.

    Über ein spezielles Löschgesetz verlor der Innenminister nun aber kein Wort. Vielmehr betonte er, im Zugangserschwerungsgesetz sei "auch der Grundsatz 'Löschen statt Sperren' verankert". Das Bundeskriminalamt bemühe sich nach Kräften, einschlägige Seiten zu löschen. Mit diesem Ansatz würden nun Erfahrungen gesammelt. Offenbar unter dem Eindruck der aufkommenden Debatte über einen Vorstoß der EU-Kommission zu Websperren wollte de Maizière aber zugleich "sanft" darauf hinweisen, "dass ganz viele Staaten der Europäischen Union, auch Staaten mit großer demokratischer Tradition wie die skandinavischen Staaten, mit dem Sperren vorangehen und gute Erfahrungen machen".

    "Das Löschen ist auch nur ein temporäres Verbannen von der Seite, weil diese – ich sag es mal ganz umgangssprachlich – Schweinehunde, die mit dem Material umgehen, das selbst vorher verkaufen, selbst vorher andere Angebote zur Verfügung stellen", sagte de Maizière. Auch ohne polizeiliches Einschreiten werde ungefähr jede Woche die Domain gewechselt, sodass kriminalpolitisch das Löschen und das Sperren eigentlich nur eine verzögernde Wirkung hätten.

    Der CDU-Politiker zeigte sich optimistisch, es gebe einen Weg, "Kinderpornographie zu bekämpfen, ohne die Freiheit des Internets aufzugeben". Er strebe eine "neue Netzpolitik" an. Bisher seien bei einzelnen Themen wie auch der Vorratsdatenspeicherung oder dem Urheberrechtsschutz immer "Einzeleingriffe in das Internet" vorgenommen worden. Dies habe das "Vertrauen zwischen Internetnutzern und Staat eher gestört als gestützt". Er habe daher Gespräche mit der Netzgemeinde aufgenommen. Im Anschluss wolle er einen Vorschlag machen, wie die grundsätzliche Rolle des Staates im Internet aussehen könne.

    Das Netz hat für den Minister generell eine "große freiheitsstiftende" "gemeinschaftsstiftende" und "aufklärerische" Wirkung. Auch die Strafverfolgung im Netz müsse aber möglich sein, plädierte de Maizière erneut für eine rasche Neuauflage der vom Bundesverfassungsgericht zunächst gestoppten Vorratsdatenspeicherung. Eine Stellungnahme des Innenministeriums auf eine Anfrage von heise online zur Abwendung von dem zunächst geplanten Löschgesetz und einem Kurswechsel bei Websperren steht derweil noch aus. (Stefan Krempl) / (anw)

    Quelle: Heise.de

  5. #20
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    Europäischer Dialog zu Netzsperren, Netzneutralität und TLDs

    Am Donnerstag beginnt in Madrid der diesjährige European Dialoge on Internet Governance, EuroDIG. Auf dem Programm der von Unternehmen, Organisationen und Regierungen unterstützten Veranstaltung stehen Themen wie "Netzsperren", Netzneutralität und Fragen zu neuen Top Level Domains. Für das Treffen haben sich nach Angaben der Organisatoren doppelt so viele Teilnehmer angemeldet wie 2009, insgesamt sind es demnach rund 400 Vertreter von Regierungen, zivilgesellschaftlichen Gruppen und Unternehmen.

    Der Bedarf nach einem Austausch sei offensichtlich groß, sagte Lee Hibbard vom Europarat und Mitglied des Organisationsteams. Die in den sieben Workshops und fünf Plenen erarbeiteten Positionen sollen online wie üblich als "Botschaften" des EuroDIG veröffentlicht werden. Die Teilnahme auch aus der Ferne übers Internet sollen rund ein Dutzend Hubs erleichtern.

    Diskutiert werden gesetzliche Regelungen gegen Urheberrechtsverletzungen wie jene in Großbritannien oder Frankreich. In Spanien scheiterte bislang ein entsprechender Versuch. Auch wenn das hier monatlich auf Einladung der Telefonica-Stiftung tagende spanische Internet Governance Forum (IGF) dafür kaum maßgeblich gewesen sein dürfte, betonte Ana Olmos, eine der IGF-Organisatorinnen von der Universität in Madrid die Notwendigkeit, Vertreter der Wirtschaft, Wissenschaft, Nutzer und der Regierung zusammenzubringen. Für sie ist fraglich, ob heutzutage noch solche Gesetze ohne Konsultationen verabschiedet werden können.

    In Deutschland haben sich IGF-Treffen bislang stets als schlichte "Vorbereitungstreffen" für die große Schwester, das IGF der Vereinten Nationen verstanden und nicht als unabhängige Plattform der netzpolitischen Debatte. Der Schlagabtausch über Websperren oder Vorratsdatenspeicherung fand woanders statt. Jeanette Hofmann vom Wissenschaftszentrum Berlin sagte, wo es bereits gute institutionelle Grundlagen für eine Zusammenarbeit gibt wie zum Beispiel in Brasilien, werde die Idee der nationalen IGFs allerdings anders aufgegriffen und akzeptiert als etwa in Deutschland. Ohne sich auf gemeinsame Problemwahrnehmungen und Prinzipien zu verständigen, sei politische Regulierung kaum möglich, da könne das IGF-Konzept auch in Deutschland wirksam werden. "Vielleicht wird die Enquete-Kommission zur Informationsgesellschaft ja die deutsche Version eines Mini-IGFs", sagte Hofmann, die selbst dort Mitglied ist. (Monika Ermert) / (anw)

    Quelle: Heise.de

  6. #21
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    EU-Innenpolitiker hinterfragen Vorstoß zu Websperren

    Bei einer ersten Besprechung des Richtlinienentwurfs der EU-Kommission zur schärferen Bekämpfung der Kinderpornographie, die am heutigen Dienstag im Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres des EU-Parlaments stattfand, plädierten viele Abgeordnete für das Prinzip "Löschen statt Sperren". "Wir müssen ein starkes Signal senden, dass Löschen unsere Priorität ist", befand etwa die niederländische Sozialistin Emine Bozkurt. Blockaden von Webseiten mit Missbrauchsbildern könnten mit ein paar Klicks und umgangen werden, ergänzte die deutsche Grüne Franziska Keller. "Löschen ist effektiver." Es bestünden Kooperationen mit den meisten Ländern, in denen Kinderpornographie im Internet verfügbar gemacht würde. Da reiche es nicht aus, einfach nur einen Filter vorzuziehen. Zudem habe die Kommission offen gelassen, wer entscheiden solle, welche Seiten zu sperren seien.

    Einschlägige Angebote im Web müssten "komplett gelöscht werden", forderte auch die litauische Sozialdemokratin Vilija Blinkeviciute. Websperren seien nicht hilfreich im Kampf gegen sexuellen Missbrauch und den Schutz der Opfer. Auch ihre spanische Fraktionskollegin Carmen Romero Lopez bezeichnete es als den "besten Ansatz", entsprechende Seiten aus dem Web zu entfernen. Die stellvertretende Ausschussvorsitzende, die niederländische Liberale Sophia in't Veld, sprach sich ebenfalls für "Löschen" aus. Die Kommission habe nicht erklären können, weshalb sie auch das Blockieren kinderpornographischer Seiten befürworte. 50 Prozent des Materials läge in den USA, die ja keine "Bananenrepublik" seien. Dort müsse es möglich sein, die inkriminierten Angebote von den Servern zu entfernen. Generell seien technische Ansätze kein sehr effektives Mittel gegen Kindesmissbrauch.

    Selbst die schwedische Liberale Cecilia Wikstroem beäugte als Fraktionskollegin und Landsfrau von EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström, die den Vorschlag federführend ausgearbeitet hat, Artikel 21 zu Websperren skeptisch. Sie verwies darauf, dass die Maßnahme in ihrer Heimat als freiwillige Vereinbarung zwischen Providern und der Polizei eingeführt worden sei. Es solle daher auch für die anderen Mitgliedsstaaten keine Verpflichtung zur Blockade von Webseiten geben. Zugleich wunderte sie sich, dass die Kommission den Einbezug externen Expertenwissens bei der Vorbereitung des Entwurfs nicht für nötig befunden habe. Dabei habe die Behörde selbst angegeben, keine verlässlichen Daten über die Verbreitung von Kinderpornographie im Netz zu besitzen.

    Im Großen und Ganzen für den Plan der Kommission sprachen sich allein der CDU-Abgeordnete Axel Voss und die Berichterstatterin der konservativen Europäischen Volkspartei (EVP), die Italienerin Roberta Angelilli, aus. Voss meinte, dass die Volksvertreter eine "klare Botschaft" zur Verhinderung der Verbreitung von Kinderpornographie aussenden müssten. Dabei mache es keinen Unterschied, "ob wir blockieren oder löschen". Die Provider müssten zur Verantwortung gezogen werden. Angelilli lobte zunächst den "sehr detaillierten Vorschlag" der Kommission. Nach der Debatte räumte sie ein, dass "gute Punkte" genannt worden seien und sie das weitere Vorgehen mit den Schattenberichterstattern der anderen Fraktionen besprechen wolle.

    Fast alle Rednern unterstrichen, dass Kindesmissbrauch nicht im Internet passiere und die Täter in der Regel sehr eng mit ihren Opfern verknüpft seien. Es müsse bessere Vorsorgemaßnahmen für Verwandte, Lehrer und Priester geben. Auch andere Aspekte des Entwurfs hinterfragten die Abgeordneten. Bozkurt etwa wollte wissen, wie bei der angestrebten Bestrafung des Heranpirschens an Kinder über das Netz, dem sogenannten Grooming, eine Missbrauchsabsicht festgestellt werden solle. Auf Bedenken stieß auch die Initiative der Kommission, die Grenze des Kindesalter bei 18 Jahren festzulegen. Es gebe viele sexuelle Aktivitäten von Jugendlichen, erklärte Keller, "die wir nicht kriminalisieren sollten".

    Ein Vertreter der spanischen Ratspräsidentschaft unterstützte den Vorstoß der Kommission prinzipiell, da er "Kinder besser schützt". Der Rat hatte am gestrigen Montag erwartungsgemäß einen einen Beschluss (PDF-Datei) für einen Aktionsplan zur Bekämpfung von Cybercrime gefasst, der sich für Websperren stark macht. Der Spanier machte aber auch deutlich, dass die Grenzen zur Einschätzung bildhafter sexueller Darstellungen als Kinderpornographie noch stärker zu umreißen seien. Man müsse einen Weg finden, um etwa mit japanischen Manga-Comics umzugehen.Für die Kommission führte Reinhard Priebe aus, dass man eigentlich eine "präzisere Definition von Kinderpornographie" angestrebt habe. Zudem sollten "neue Formen des Missbrauchs", die das Internet erleichtere, kriminalisiert werden. Dies beziehe sich etwa auf das Anschauen kinderpornographischer Bilder ohne das Herunterladen von Dateien. Für Sperren plädiere man "als Ergänzung zum Löschen", wenn dieses nicht funktioniere. Zivilgesellschaftliche Organisationen hätten diesen Weg begrüßt. Nun könne das Parlament zum ersten Mal im Bereich einer innenpolitischen Maßnahme seine neue Rolle als Mitgesetzgeber erfüllen. Die EU-Bürger würden erwarten, "dass wir unseren Nachwuchs konsequent schützen".

    Die von Priebe offenbar noch nicht bemerkte Kritik aus der Zivilgesellschaft hält derweil an. "Der Entwurf wirkt sehr mit der heißen Nadel gestrickt", konstatiert etwa Christian Bahls, Vorsitzender des Vereins "MissbrauchsOpfer gegen InternetSperren" (MOGIS). Bei Inhalten, die nicht gelöscht werden könnten, sollte seiner Ansicht nach genauer geschaut werden, warum dies der Fall sei. Diese Zustände einfach mit einem Stopp-Schild zu verdecken, könne "nicht das Mittel der Wahl sein". Der Entwurf berühre zudem entgegen der Aussage Malmströms auch die Meinungsfreiheit. Er zitiere Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention, wonach Einschränkungen dieses Grundrechts nur gesetzlich erlassen werden dürften und "in einer demokratischen Gesellschaft notwendig" sein müssten. Die Kommission wolle es Mitgliedsländern dagegen anheim geben, ob die umzusetzenden Sperren nicht auch per vertraglicher Lösung eingeführt werden könnten. (Stefan Krempl) / (jk)

    Quelle: Heise.de

  7. #22
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    Innenminister wegen Plädoyer für Websperren in der Kritik

    Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) muss sich aufgrund seines Kurswechsels in der Debatte über die Blockade von Webseiten im Kampf gegen Kinderpornografie mit Kritik in den eigenen Reihen auseinandersetzen. Nach dem Koalitionspartner FDP hat jetzt auch die Junge Union (JU) moniert, dass der von dem CDU-Politiker neuerdings bevorzugte Ansatz von "Löschen und Sperren" in die falsche Richtung weise. "Die Junge Union Deutschlands spricht sich klar für den Grundsatz 'Löschen statt Sperren' im Internet aus", erklärten der medienpolitische Sprecher der JU, Daniel Walther, und Bundesvorstandsmitglied Henrik Bröckelmann.

    Über die Defizite von Websperren sei bereits in den vergangenen Monaten umfassend diskutiert worden, schreiben die beiden Politiker. Das Ergebnis sei eindeutig: "Sperrungen sind nutzlos, kontraproduktiv und zudem relativ leicht zu umgehen." Insofern sei die nun wieder entflammte Auseinandersetzung über das Thema auf EU-Ebene und hierzulande "unverständlich und überflüssig". "Kriminelle Inhalte und Seiten" müssten möglichst schnell gelöscht werden. Dies sei gerade zur Bekämpfung von Kinderpornografie notwendig, bei der zudem "mit polizeilichen Mitteln wie Observierungen oder Razzien gearbeitet werden muss". Das erfolgreiche Vorgehen gegen Datendiebstahl durch Phishing zeige, dass eine Löschung "schnell, unkompliziert und vor allem sehr wirksam" erfolgen könne. Es bleibe Aufgabe der Politik, solche Maßnahmen "durch internationale Abkommen weiter zu erleichtern und zu beschleunigen".

    Der Innenminister hatte vor zwei Wochen eine Kombination aus einer Blockade und dem Entfernen einschlägiger Webseiten befürwortet und damit das im Koalitionsvertrag vereinbarte Prinzip "Löschen statt Sperren" infrage gestellt. Anfang der Woche legte de Maizière gegenüber der taz noch einmal nach. "Die öffentlich diskutierte angebliche Alternative zwischen Löschen und Sperren von kinderpornografischen Seiten gibt es im Grunde gar nicht", erklärte der CDU-Politiker da. "Beides muss möglich sein. Beides wirkt nicht absolut. Insofern wollen und müssen wir noch nachbessern." Man dürfe ein Verfahren "nicht schon deshalb ablehnen, weil es möglicherweise missbraucht werden kann".

    Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger erinnerte dagegen an die Koalitionsvereinbarung. "Ich gehe davon aus, dass diese für Liberale zentrale Vereinbarung zwischen Union und FDP nicht aufgekündigt wird", sagte sie der taz. Der parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion Christian Ahrendt legte dem Innenminister nahe, "nicht vor der eigenen Fraktion einzuknicken". Gemeinsam mit seiner Kollegin im Justizressort habe er in der Stellungnahme zum Zugangserschwerungsgesetz an den Bundespräsidenten erklärt, dass ein Entwurf für ein Löschgesetz möglichst schnell auf den Weg gebracht werde. Auch Constanze Kurz vom Chaos Computer Club (CCC), die bereits zu netzpolitischen Gesprächsrunden mit de Maizière geladen war, zeigte sich enttäuscht, "dass nach einer langen Debatte so eine gestrige Haltung zutage tritt". (Stefan Krempl) / (vbr)

    Quelle: Heise.de

  8. #23
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    Bundesrat streitet über Linie zu Websperren auf EU-Ebene

    Im Bundesrat gibt es noch Meinungsverschiedenheiten über den Entwurf der EU-Kommission für eine Richtlinie zur Verschärfung des Kampfs gegen Kinderpornographie. So empfehlen (PDF-Datei) der Europa-, der Rechts- und der Wirtschaftsausschuss den Länderchefs, die Blockade von Webseiten in einer Stellungnahme zu dem Vorschlag entschieden abzulehnen. Auch der Innenausschuss hält zwar fest, dass der Opferschutz am besten durch das Löschen von Internetseiten mit kinderpornographischen Inhalten wirksam umgesetzt werden könne. Allein er plädiert aber dafür, dass ergänzend auch Zugangssperren angewandt werden sollten. Der Grundsatz "Löschen und Sperren" sei "intensiv zu verfolgen".

    Der EU- und der Wirtschaftsausschuss meinten dagegen, das Kommissionspapier mit Zugangserschwerungen setze "nicht bei den Ursachen des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern" an. Vielmehr müssten Straftaten in diesem Bereich mit effektiven Ermittlungsmethoden konsequent verfolgt werden. Insbesondere müssten Täternetzwerke und die Betreiber von Servern mit kinderpornographischen Inhalten "mit Nachdruck ermittelt und die entsprechenden Einrichtungen zügig aus dem Internet entfernt werden". Dafür müsse mit den zuständigen öffentlichen Stellen der Mitgliedstaaten kooperiert werden.

    Websperren widersprechen nach Ansicht der beiden Ausschüsse auch dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Mit ihnen könne die Verbreitung von Missbrauchsbildern nicht effektiv bekämpft, die Sperren könnten technisch mit einfachsten Methoden umgangen werden. Auch böten sie keinen Schutz gegen "alternative Verbreitungswege". Sie seien auch nicht erforderlich, damit dem Löschen "ein milderes, mindestens gleich wirksames Mittel zur Verfügung" stehe, das auch praktikabel sei. Sperren setzten nicht unmittelbar beim Verantwortlichen an, zudem erfassten sie oft auch legale Inhalte, deren Urheber in ihrem Recht auf Meinungsfreiheit empfindlich gestört würden. Der Aufbau einer "Sperrinfrastruktur" sei aus rechtsstaatlichen Gründen bedenklich, "weil diese die Gefahr ganz anderer Verwendungen in sich birgt".

    Auf den Grundsatz "Löschen statt Sperren" hat sich eigentlich auch die Regierungskoalition in ihrem Fahrplan für die laufende Legislaturperiode verständigt. Bundesinnenminister Thomas de Maizière stellte diese Verabredung jedoch jüngst in Frage und appellierte für "Löschen und Sperren". Dieser Kurswechsel wird aber auch in den eigenen Reihen zumindest der Jungen Union kritisiert. Die Länderchefs entscheiden nun am Freitag in der Plenarsitzung des Bundestags über die endgültige Eingabe an Brüssel. (Stefan Krempl) / (anw)

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  9. #24
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    Bundesrat gegen Websperren auf EU-Ebene

    Der Bundesrat hat den Vorstoß der EU-Kommission für eine Blockade kinderpornographischer Webseiten kritisiert. Der Vorschlag, Teil eines Entwurfs für eine Richtlinienentwurfs für den Kampf gegen Kindesmissbrauch, setze "mit der Sperrung des Zugangs" zu illegalen Internetangeboten "nicht bei den Ursachen des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern an", halten die Länderchefs in einer am Freitag beschlossenen Stellungnahme (PDF-Datei) fest. Stattdessen sollten Straftaten in diesem Bereich mit effektiven Ermittlungsmethoden konsequent verfolgt werden. Insbesondere müssten Täternetzwerke und die Betreiber von Servern "mit Nachdruck ermittelt" und entsprechende Webseiten "zügig aus dem Internet entfernt werden". Dafür sei eine bessere Kooperation der zuständigen öffentlichen Stellen der Mitgliedsstaaten nötig.

    Der Beschluss stellt einen Kompromiss zwischen den unterschiedlichen Empfehlungen der mit dem Gesetzesentwurf betrauten Ausschüsse des Bundesrats dar. Die Länderchefs wollten einerseits dem von den Innenpolitikern bevorzugten Ansatz "Löschen und Sperren" nicht folgen. Andererseits wollten sie sich aber auch nicht den vom Europa- und Wirtschaftsausschuss vorgebrachten Bedenken anschließen, wonach Websperren dem rechtsstaatlichen Grundsatz Verhältnismäßigkeit widersprächen. Der Aufbau einer "Sperrinfrastruktur" sei aus rechtsstaatlichen Gründen bedenklich, "weil diese die Gefahr ganz anderer Verwendungen in sich birgt", hatten die EU- und Wirtschaftspolitiker bemängelt.

    Der Bundesrat moniert weiter, dass die Brüsseler Initiative dem Umstand nicht Rechnung trage, dass die Schutzwürdigkeit bei Personen im Alter von unter 14 Jahren anders zu beurteilen sei als bei einer beinahe volljährigen Person. Die Frage sei auch, warum die vorgesehene Strafvorschrift gegen die Kontaktaufnahme mit potenziellen Opfern durch das sogenannte Grooming auf Kinder beschränkt ist, die das Schutzalter der sexuellen Mündigkeit noch nicht erreicht haben. Hier seien noch diverse Widersprüchlichkeiten auszubügeln. (Stefan Krempl) / (vbr)

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  10. #25
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    Websperren: EU-Kommission will schnell handeln

    Die parlamentarische Debatte um die von der EU-Kommission geplanten Websperren hat begonnen: Am gestrigen Donnerstag hatte die konservative EVP-Fraktion auf Initiative der deutschen Europaabgeordneten Sabine Verheyen (CDU) zur Diskussion der vorgeschlagene Richtlinie von EU-Kommissarin Cecilia Malmström über die Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern eingeladen. Insbesondere um die geplanten Websperren gab es Auseinandersetzungen; das von der Kommission vorgelegte Tempo wurde kritisiert.

    "Kinderpornografie ist keine normale Pornografie", betonte Malmström in der Anhörung: Bei den von der britischen Internet Watch Foundation registrierten kinderpornografischen Abbildungen zeigten 44 Prozent Vergewaltigungen oder Gewalttaten gegen Kinder, 80 Prozent der Opfer seien unter 10 Jahren alt. Durch die Veröffentlichung der Bilder würden die Kinder ein zweites Mal zum Opfer. In dem von ihr vorgeschlagenen Maßnahmenpaket sind sowohl größere Anstrengungen zur Löschung von Webseiten und Stärkung der Strafverfolgung inklusive verdeckter Ermittler als auch die Sperrung von kinderpornografischen Angeboten vorgesehen. Den Einwand, dass diese Sperren Täter nicht abhielten, will Malmström nicht gelten lassen: "50 Prozent der Abnehmer haben keinerlei oder nur wenige Computerkenntnisse", erklärte sie. Die Polizeibehörden in den sieben Ländern, die bereits Websperren einsetzten, seien von der Maßnahme überzeugt.

    Ein anderes Bild zeichnete Rob Wainwright, Präsident der europäischen Polizeibehörde Europol. Seine Behörde sei seit 10 Jahren mit Ermittlungen im Bereich von Kinderpornografie beschäftigt. In 20 aufwendigen Ermittlungen seien über 100 Opfer ermittelt worden. Wainwright stellte die Täter, mit denen seine Behörde zu tun hat, als organisierte, technisch kompetente Netzwerke vor. Zur Zeit beobachteten seine Mitarbeiter Gruppen, die Missbrauchsvideos nach dem Pay-per-View-Prinzip vermarkteten. Die Einnahmen würden über legitime wirkende Webseiten umgeleitet und seien so schwer zu verfolgen. Zur Effizienz von Websperren gebe es trotz der technischen Versiertheit der Täter "operationelle Belege". Die Maßnahme wirke zumindest in einigen Fällen, sei aber nicht im Zentrum der Bemühungen der Polizei.

    Ulrike Sachs, die für das niedersächsische Innenministerium das Bündnis White IT repräsentierte, verwies auf die bisher mangelhafte Grundlagenforschung. "Sollte sich herausstellen, dass ein Großteil der Kinderpornografie über das World Wide Web verkauft wird, müssen wir uns bemühen, die Täter zu ermitteln und die Zahlungsströme zu verfolgen." Werden die Bilder des Missbrauchs hingegen vorrangig unkommerziell über Peer-to-Peer-Netzwerke vertrieben, müsse man sich auf die Bereitstellung von Ermittlungswerkzeugen für dieses Umfeld konzentrieren, Bevor man über Maßnahmen entscheiden wolle, müsse man die Fakten klären – erste Ergebnisse einer Grundlagenstudie will das Bündnis im Herbst vorlegen.

    Wie sehr die Grundlagen umstritten sind, zeigte der litauische Europaabgeordnete Vytautas Landsbergis, der in einer Stellungnahme Homosexuelle für einen Großteil des Kindesmissbrauchs verantwortlich machte. Malmström entgegnete, dass es keine Hinweise dafür gebe, dass Homosexualität mit dem Kindesmissbrauch verknüpft sei.

    Christian Bahls vom Verein "Missbrauchsopfer gegen Internetsperren" (MOGIS) beklagte in der Anhörung die mangelhafte Folgenabschätzung in der Richtlinie. Bahls forderte zudem eine Überarbeitung der Maßnahmen gegen das "Grooming", bei dem Erwachsene Kinder über das Internet zu sexuellen Handlungen anstiften – der derzeitige Entwurf sei unzureichend, da letztlich über die Absicht eines Erwachsenen geurteilt werde, der sich Kindern nähere. Dadurch würden Erwachsene davon abgehalten, mit Kindern ohne Vorbehalte zu kommunizieren. "Man braucht viel Zeit, um die Gesetzgebung in dem Bereich korrekt hinzubekommen", so Bahls.

    Bahls forderte zusammen mit Joe McNamee von der europäischen Bürgerrechtsorganisation EDRI Aufklärung über die European Financial Coalition, die im Auftrag der EU Zahlungsströme von kommerziellen Kinderpornografie-Ringen verfolgen soll. Diese Organisation habe bisher keine Berichte zum Erfolg der Maßnahmen vorgelegt. Auch von anderer Seite gab es Nachfragen, ob die von der Kommission vorgeschlagenen Maßnahmen tatsächlich Kindesmissbrauch effektiv verhindern könnten. Mehrere Teilnehmer forderten verstärkte Anstrengungen zur Prävention und zur Therapie von potenziellen Tätern.

    Malmström antwortete auf diese Fragen nur zurückhaltend und brachte ihre Haltung auf eine simple Formel: "Wir wissen nicht, was wir nicht wissen". Zwar sei der Umfang des Handels mit Kinderpornografie nicht bekannt, man wisse aber, dass es ihn gebe. Die Kommission habe aber vor dem Entwurf der Richtlinie sehr wohl Nachforschungen betrieben. Im Herbst wolle die Kommission mehr Zahlen vorlegen. Dann soll die Richtlinie auch erstmals fraktionsübergreifend im Parlament diskutiert werden. Ein Vertreter der Kommission ergänzte, dass keine Zeit für eine wissenschaftliche Aufarbeitung aller Fragen bleibe: "Wir können es uns politisch nicht leisten, untätig zu bleiben" – statt lange zu forschen müsse man nun politische Entscheidungen treffen.

    Auch im konservativen Lager scheint Malmströms Entwurf noch nicht auf durchgängige Zustimmung zu stoßen. So äußerte Sabine Verheyen in ihrem Schlusswort Zweifel an der Durchsetzung der Maßnahmen: "Es gibt die Befürchtung, dass die wichtigen Schritte nicht mit dem notwendigen Nachdruck verfolgt werden, wenn Websperren erst einmal etabliert sind", sagte die Abgeordnete. Abgesehen von der Durchsetzung der Richtlinie müsse man sich um bessere internationale Zusammenarbeit bemühen, um Webseiten mit kinderpornografischen Inhalten gleich an der Quelle zu schließen: "Die Erfahrungen aus dem SWIFT-Abkommen haben gezeigt, dass wir durchaus mit anderen Staaten auf Augenhöhe sprechen können." (Torsten Kleinz) / (hob)

    Quelle: Heise.de

  11. #26
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    EU-Berichterstatterin gegen EU-weite Websperren

    Der Kulturausschuss des EU-Parlaments spricht sich in einem Berichtsentwurf (PDF-Datei) zum Vorstoß der EU-Kommission zur Blockade von Abbildungen sexuellen Missbrauchs für das Prinzip "Löschen statt Sperren" aus. Der Entwurf, der durch den Kulturausschuss noch abgeändert werden kann, plädiert für die Streichung des Artikels zu Netzsperren. "Wir wissen aus langwierigen Debatten in Deutschland, dass Websperren und Filter-Software gegen die Darstellung von Kindesmissbrauch im Internet nichts nutzen", erläutert die SPD-Abgeordnete Petra Kammerevert als zuständige Berichterstatterin.

    Blockademaßnahmen seien unverhältnismäßig, heißt es zur Begründung in dem Papier. Zudem müssten dafür schwarze Listen erstellt werden, die in falsche Hände gelangen und als "Verkaufskataloge" missbraucht werden könnten. Weiter setzt sich das Papier etwa dafür ein, die Begriffe "Kind" und "Kinderpornographie" in der Richtlinie nicht näher zu definieren. Damit soll sichergestellt werden, dass Jugendpornographie entgegen den Vorstellungen der Kommission außen vor bleibt. [Update: Petra Kammerevert legte gegenüber heise online aber Wert auf die Feststellung, dass "Dokumentation sexueller Handlungen an Personen unter 18 Jahren soll EU-weit verboten und bestraft werden" soll. "Da nach den unterbreiteten Änderungsvorschlägen auch weiterhin jegliche Darstellung sexueller Handlungen an Personen unter 18 Jahren strafbewährt bleibt, ist die Jugendpornografie vollständig hiervon mit erfasst."] Zugleich sieht der Entwurf Vorschläge zur besseren Kooperation von Ermittlungsbehörden vor.

    Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger hat unterdessen ihre Kritik an der "Studie" des Bundeskriminalamts (BKA) zur Effektivität bisheriger Bemühungen zum Löschen von Kinderpornographie auf ausländischen Servern verschärft und der Wiesbadener Polizeibehörde indirekt mangelnden Eifer vorgeworfen. "Es ist verwunderlich, dass eine intensivierte Zusammenarbeit mit den USA als Hauptstandort der einschlägigen Server erst im Mai 2010 begonnen hat", sagte die FDP-Politikerin heise online.

    Eine engere Kooperation des BKA mit dem Meldestellenverbund INHOPE sei sogar erst im Juni angelaufen, weshalb gerade bei im Ausland gehosteten Seiten künftig mit schnelleren Löscherfolgen gerechnet werden dürfe. Die kurze Laufzeit des neuen BKA-Arbeitsschwerpunktes "Löschen statt Sperren" lasse so aber sicher noch "keine Rückschlüsse hinsichtlich der Effektivität zu", meinte die Ministerin.

    Die in einem Medienbericht zitierte Übersicht liegt inzwischen auch heise online vor. Es handelt sich dabei um eine vom BKA geführte, nicht-repräsentative Statistik über Verfügbarkeiten einschlägiger Server nach einer Woche sowie Löschbestätigungen und Host-Länder für die Monate Januar bis Mai. Die spätere Verfügbarkeit "belastbarer Zahlen" hängt laut der Justizministerin "sicher auch von den künftigen personellen Ressourcen ab". (Stefan Krempl) / (vbr)

    Quelle: Heise.de
    Geändert von Dynamite (19.07.2010 um 17:35 Uhr)

  12. #27
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    Provider: "Löschen statt Sperren" funktioniert

    Der Verband der deutschen Internetwirtschaft eco hat wegen "Fehlinterpretationen" einen Zeitungsbericht zurückgewiesen, wonach die Bemühungen der Netzanbieter zum Löschen kinderpornographischer Seiten häufig im Sande verliefen und die Branche einschlägige Erfahrungen vertuscht habe. "Der Ansatz 'Löschen statt Sperren' funktioniert", erklärte eco-Geschäftsführer Harald Summa am Montag gegenüber heise online. Dieser Weg müsse "entschieden und mit größtmöglichem Engagement" auch auf Seiten der Strafverfolgungsbehörden fortgeführt werden.

    Die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" (FAZS) hatte dem eco und seiner nationalen Beschwerdestelle beziehungsweise dem internationalen Meldestellenverbund INHOPE (International Association of Internet Hotlines) vorgeworfen, schnelle Löscherfolge "meist nur vorgegaukelt" zu haben. So seien vor allem anderslautende Ergebnisse eines Experiments aus dem vorigen Sommer der Öffentlichkeit vorenthalten worden. "Wir haben im vergangenen Sommer 144 Fälle kinderpornographischer Inhalte geprüft und die strafrechtlich relevanten Beschwerden entweder direkt an die zuständigen Provider herangetragen oder eine INHOPE-Partner-Hotline informiert", klärt Summa nun auf. Dabei sei festzustellen gewesen, "dass die Hostprovider schnell reagiert und die gemeldeten Seiten vom Netz genommen haben". Entsprechende Reaktionszeiten habe man naturgemäß nur in den Fällen erfassen können, "in denen wir selbst den Serviceanbieter benachrichtigt haben".

    Weiteres Resultat des Tests war laut Summa, "dass nicht alle INHOPE-Mitglieder nach ein und demselben Muster arbeiteten". Deshalb sei es in manchen Fällen zu Verzögerungen bei den Zeiten bis zur Herunternahme gemeldeter Seiten gekommen. Allein von den 110 US-amerikanischen Seiten sei mehr als die Hälfte noch Monate später abrufbar gewesen, führte die FAZS aus. Auch in Russland, Holland, Japan und Tschechien hätten Löschungen oft mehrere Wochen auf sich warten lassen. Beim eco selbst sei von "massiven Problemen" rund um INHOPE die Rede gewesen. Nur wenige Hotlines hätten die Arbeit getan, von der man gedacht habe, dass sie schon längst getan werde.

    Der deutsche Verband hat daraufhin nach Angaben Summas Druck gemacht, um das Kernproblem der nicht erfolgenden Weiterleitung von Fundstellen an die konkreten Anbieter zu lösen. Man habe bei dem Hotline-Verbund und der ihn fördernden EU-Kommission darauf hingearbeitet, dass die Information der Provider über einschlägige Funde durch die jeweilige Hotline gemäß dem "Notice & Takedown"-Prinzip Pflicht wird, sofern das im jeweiligen Land rechtlich festzuschreiben sei. Eine entsprechende Vorschrift sähen die nächsten EU-Förderverträge für die Meldestellen jetzt vor. Darüber hinaus seien in Zusammenarbeit mit dem US-Justizministerium Kommunikationshürden mit amerikanischen Providern und der CyberTipline abgebaut worden. Insgesamt sei nichts verheimlicht worden. Vielmehr habe man aufgrund eigener Erkenntnisse förderliche Maßnahmen in die Wege geleitet.

    Hintergrund des Probelaufs war die Debatte um das mittlerweile teils ausgesetzte Zugangserschwerungsgesetz und die damit aufgekommene Frage, warum die inkriminierten Inhalte * anders als etwa Phishing-Seiten * im Ursprungsland scheinbar kaum zu löschen gewesen sein sollten. Dies sei für den eco "schlicht nicht nachvollziehbar" gewesen, betont Summa, zumal stattdessen von vielen Politikern eine Sperrung als einziges Mittel angesehen worden sei. Dabei seien Blockaden "nicht effektiv oder nachhaltig". Mittlerweile habe sich die Zusammenarbeit vor allem mit den Partnern in den USA und in Russland "stark verbessert". In der vergangenen Woche seien etwa sechs Fälle kinderpornographischen Materials bearbeitet worden, die in den Vereinigten Staaten vorgehalten gewesen seien. "Vier davon waren binnen zwei Werktagen offline, zwei binnen einem", freut sich Summa. Sieben weitere Beschwerden über Kinderpornos auf russischen Servern seien alle nach einem Werktag bearbeitet und die Missbrauchsbilder gelöscht worden.

    Insgesamt sind bei der deutschen Meldestelle nach eco-Angaben im ersten Halbjahr 38.679 Beschwerden eingegangen. Davon hätten sich 238 auf reale oder virtuelle kinderpornographische Darstellungen bezogen. 207 hätten sich als begründet herausgestellt. Von den 18 Fundstellen, die im Ausland gehostete Inhalte betrafen, waren 15 innerhalb einer Woche offline, zwei binnen 14 Tagen und eine "danach", wobei die Herunternahme in diesem Fall erst nach einer gewissen Zeitspanne kontrolliert worden sei. Dieser Erfolgstrend setze sich bisher auch im zweiten Halbjahr 2010 fort. Insofern könne man auch Tests der Kinderschutzorganisation "Carechild" und des "AK Zensur" nachvollziehen, wonach sich kinderpornographische Webseiten im Ausland relativ einfach aus dem Netz löschen ließen.

    Die seit Mai 2009 fortgeschriebene Statistik der Internet-Beschwerdestelle bezieht sich laut Summa "auf alle ins Ausland gemeldeten Inhalte". Die einzelnen Partner-Hotlines hielten ihre erzielten Erfolge jeweils für sich fest. Zur Verbesserung der Statistik, die das Bundeskriminalamt (BKA) über eigene Löscherfolge führt, hält der eco eine Verkürzung des Zeitraums, nach dem die Herunternahme geprüft werde, von sieben Tagen auf einen Werktag für wünschenswert. Nur so könnten genaue Aussagen über den Effekt der Bemühungen gemacht werden, für deren Evaluierung noch mindestens bis Februar 2011 Zeit bleiben müsste. Nach den BKA-Zahlen waren im Juli 63 Prozent der entdeckten ausländischen Websites nach einer Woche noch verfügbar, berichtet zumindest die FAZS. Die absolute Menge der ins Ausland gemeldeten Seiten stieg von 182 im Vormonat auf 262 an. Das BKA leitet Hinweise auf Kinderpornos im Gegensatz zur neuen Praxis der Provider in der Regel nur an Polizeistellen in anderen Ländern weiter, nicht aber an die Anbieter direkt.

    Bei der CDU/CSU-Bundestagsfraktion wird der Bericht erneut als Beleg für die Notwendigkeit von Websperren gewertet. Der Vorsitzende des Innenausschusses im Parlament, Wolfgang Bosbach, sieht "unsere Befürchtung" bestätigt. Natürlich sei das Löschen die bessere Lösung, meinte der CDU-Politiker. "Aber wenn nicht gelöscht werden kann, muss Sperren möglich sein." Auch für den innenpolitischen Sprecher der Unionsfraktion, Hans-Peter Uhl (CSU), ist "der einseitige Verlass auf Löschversuche und die kategorische Ablehnung von Internetsperren" kaum mehr nachvollziehbar. Ein Sprecher von Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) stärkte dagegen den Selbstkontrollbemühungen der Wirtschaft den Rücken: "Die Erfolge von INHOPE sind unbestritten, vor allem im Vergleich zu staatlichen Stellen." Andere Zahlen als die des BKA lägen dem Ministerium bislang nicht vor. (Stefan Krempl) / (pmz)

    Quelle: Heise.de

  13. #28
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    BKA verzeichnet wachsenden Erfolg beim Löschen von Kinderpornos

    Die Bemühungen des Bundeskriminalamts (BKA) zum Entfernen von kinderpornografischen Bildern aus dem Internet trugen im Juli offensichtlich verstärkt Früchte. So waren im vergangenen Monat 63 Prozent der entdeckten ausländischen Webseiten mit kinderpornographischem Material binnen einer Woche nach Hinweis der Ermittler offline. Bisher lag die Erfolgsquote im ersten Halbjahr 2010 durchschnittlich bei 60 Prozent. Die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" (FASZ) hatte zuvor gerade berichtet, dass im Juli 63 Prozent der Fundstellen nach einer Woche noch online gewesen wären. Der entsprechende Wert liegt jedoch bei 37 Prozent, wie heise online aus Regierungskreisen erfuhr. Zugleich stieg die absolute Zahl der ins Ausland gemeldeten Seiten laut der vom BKA geführten Statistik von 182 im Vormonat deutlich auf 262 an, was die FASZ korrekt wiedergab.

    Für das FDP-geführte Bundesjustizministerium, das im Einklang mit der Koalitionsvereinbarung besonders dem Ansatz "Löschen statt Sperren" von Kinderpornographie die Stange hält, lassen sich aufgrund der neuen Monatszahlen zwar noch keine echten Erfolgsaussagen für die Zukunft treffen. So würden sich darin auch erstmals die Ergebnisse der verstärkten Zusammenarbeit zwischen der Wiesbadener Polizeibehörde und dem Meldestellenverbund INHOPE vor allem in den USA widerspiegeln, was eine direkte Vergleichbarkeit mit den Ergebnissen der Vormonate schwierig mache. Trotzdem gäben die Resultate "Anlass zur Hoffnung", wie ein Sprecher von Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger gegenüber heise online betonte. "Belastbar" seien die Zahlen generell noch nicht, zumal die nach acht Tagen und später gelöschten Seiten bislang nicht Eingang in die Messung fänden.

    Nicht ganz glücklich ist das Justizministerium damit, dass sich BKA-Präsident Jörg Ziercke seit zwei Jahren immer wieder vehement für Websperren im Kampf gegen Kinderpornographie einsetzt. Wünschenswert wäre es daher, auch die Statistiken der Provider, die deutlich höhere Erfolgsquoten bei der Herunternahme von Kinderpornos nach Hinweisen über Beschwerdestellen aufweisen, in die geplante Evaluierung des Löschansatzes im Rahmen der Teilaussetzung des umstrittenen Zugangserschwerungsgesetzes einfließen zu lassen. Die Untersuchung soll laut Koalitionsvertrag von der Bundesregierung vorgenommen werden. Über das Datum zum Ablauf der Evaluationsfrist müssen Leutheusser-Schnarrenberger und ihr Kollege im Innenressort, Thomas de Maizière (CDU), noch Gespräche führen. Viele Beobachter gehen davon aus, dass die anvisierte Einjahresperiode frühestens Ende Februar 2011 auslaufen sollte, da das Zugangserschwerungsgesetz im Februar diesen Jahres in Kraft trat.

    Als weitere Baustelle gilt in Regierungskreisen die momentane Praxis des BKA, nach Hinweisen von Beschwerdestellen zunächst kooperierende Strafverfolgungsstellen in den ausgemachten Ländern oder das zentrale Polizei-Netzwerk Interpol zu informieren. Laut einer Studie des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags könnte das BKA betroffene Provider dagegen auch direkt auf dem kleinen Dienstweg über die brisanten Funde in Kenntnis setzen und die Löschquote so voraussichtlich weiter deutlich erhöhen. Generell gelten unter Experten kurze Kommunikationswege etwa über Abuse-Accounts von Internetanbietern, wie sie beim Angehen gegen Phishing-Webseiten beschritten werden, als Schlüssel zum Erfolg auch beim raschen Entfernen von Kinderpornos aus dem Netz. (Stefan Krempl) / (jk)

    Quelle: Heise.de

  14. #29
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    EU-Kommission plädiert weiter für Websperren

    Maria Asenius, Kabinettschefin von EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström, hat bei einer Anhörung im Innenausschuss des EU-Parlaments den Vorstoß der Brüsseler Behörde für Websperren verteidigt. Die EU-Kommission will eine Kombination von Löschen und Sperren kinderpornographischer Webseiten gesetzlich verankern: Das Entfernen einschlägiger Angebote sei zwar "besser" als die reine Zugangserschwernis, meinte die Politikerin am gestrigen Dienstag. Es sei aber schwer, dieses Ziel trotz einer engen Zusammenarbeit vor allem mit den USA und Russland immer auch durchzusetzen. Daher sei es wichtig, beide Ansätze parallel zu verfolgen, um die Verbreitung von Kinderpornographie im Netz "weniger profitabel zu machen".

    Der entsprechende Artikel 21 des Richtlinienvorschlags habe "schon mehr Aufmerksamkeit als nötig erfahren", ging Asenius auf die heftige Auseinandersetzung um die vorgeschlagenen Mittel im Kampf gegen Online-Bilder von sexuellem Kindesmissbrauch ein. Es gebe "Hunderte" einschlägiger Webseiten, zugleich werde der Vertrieb immer ausgeklügelter, und es ginge um "riesige Finanzgewinne". Konkret schlage der Entwurf für das rechtliche Rahmenwerk "nicht das Sperren anstelle von Löschen vor, sondern als zusätzliches Instrument". Niemand wolle den Zugang der Nutzer zum Internet beschränken, "sondern nur zu Seiten, auf denen kinderpornographisches Material verbreitet wird".

    Unterstützung erhielt die Kommission im ersten Teil der auf zwei Tage verteilten Expertenbefragung unter anderem von Mary Banotti vom International Centre for Missing and Exploited Children (ICMEC). Sperren seien zwar kein Allheilmittel, aber ein gangbarer Weg, befand die US-Abgesandte. Auch das Löschen kinderpornographischer Webseiten könne nicht verhindern, "dass die Inhalte an anderer Stelle wieder im Netz auftauchen". Man arbeite daher mit der Industrie zusammen, um genau das zu verhindern. Auf Nachfrage schloss im Anschluss an die Veranstaltung Banotti den Einsatz der umstrittenen Deep Packet Inspection (DPI) zum Durchleuchten etwa von E-Mails oder des gesamten Netzverkehrs auf Nachfrage zumindest nicht prinzipiell aus.

    Die Sonderbeauftragte der Vereinten Nationen für Kindesmissbrauch, Najat M'jid Maalla, beklagte, dass Missbrauchsbilder "ewig zirkulieren". Sperren reichten als Gegenmittel "natürlich nicht aus". Es sei hier wichtig, "konsequent vorzugehen. Auch das Internet müsse für die Sensibilisierung der Nutzer und notfalls auch für das Auslösen eines Alarms über entsprechende Buttons etwa in sozialen Netzwerken eingesetzt werden. Zugleich bedauerte sie, dass noch nicht alle Mitgliedsländer ausreichende Mechanismen zum Kinderschutz verabschiedet hätten. 137 Nationen hätten zwar bereits ein einschlägiges Uno-Protokoll ratifiziert, 27 aber noch nicht, ein Teil davon auch in der EU.

    Als "eine von vielen Lösungen" bezeichnete auch der Europol-Vizedirektor Troels Oerting Websperren. Jedes Jahr komme es bei der Polizeibehörde zu über 14.000 Ermittlungen im Bereich Kinderpornographie. Das Internet helfe den Tätern nun, sich zu verstecken und "hunderttausende" Missbrauchsbilder zu verbreiten. Oertings Strafverfolgungskollege Ola Laurell von Eurojust berichtete von schweren Fällen, in denen in den USA beim Aufdecken eines Kinderpornorings 7 Terabytes an pädophilem Material sichergestellt worden seien. Dem Schweden kam es vor allem darauf an, dass mit der Richtlinie Staatsanwaltschaften in der EU auch Verbrechen verfolgen könnten, die außerhalb ihres eigenen nationalen Territoriums erfolgten.

    Drei der Experten, die letztlich die Berichterstatterin im Innenausschuss, die italienische Konservative Roberta Angelilli, ausgesucht hatte, standen Websperren dagegen skeptisch gegenüber. So betonte beispielsweise Maria Amor Estebanez von der EU-Agentur für Grundrechte, dass die Möglichkeiten der neuen Medien für Meinungs- und Informationsfreiheit geschützt werden müssten. Zugleich seien die Bürger vor Seiten zu bewahren, die Grundrechte von Missbrauchsopfern verletzten. Hier sei immer eine Abwägung vorzunehmen. Nötig sei eine verfahrensrechtliche Absicherung auch von Internetanbietern, Blockaden gegebenenfalls anfechten zu können. Giovanni Buttarelli vom Europäischen Datenschutzbeauftragten bestand ebenfalls darauf, dass es bei einer Vorschrift zu Websperren zumindest einen "klaren rechtlichen Rahmen" geben müsse. Nötig seien Garantien zur Aufsicht, Transparenz und für Rechtsmittel. Zugleich sprach er sich gegen DPI beziehungsweise eine automatisierte Kontrolle von Nutzerinhalten aus.

    Starke Bedenken meldeten Ausschussmitglieder an. Petra Kammerevert, Berichterstatterin im Kulturausschuss, erklärte, dass der "Grundsatz Löschen statt Sperren" gelten müsse. Blockaden seien "kein wirksames Mittel zur Bekämpfung der Inhalte und der dahinterstehenden Täter". Sie ließen sich leicht umgehen, seien ineffektiv, ungenau und träfen auch Inhalte, "die mit Kriminalität nichts zu tun haben". Zudem sei die Musikindustrie angetan davon, da sie davon ausgehe, dass nach Kinderpornos auch "andere Dinge" gesperrt werden dürften. Die Filterlisten könnten im schlimmsten Fall als "Suchverzeichnis für kriminelle Inhalte" dienen, fürchtete die SPD-Politikerin. Insgesamt werde Handeln vorgetäuscht, "wo keines stattfindet". Ferner funktioniere die internationale Kooperation beim Löschen immer besser, wie von Internet-Beschwerdestellen zu hören sei.

    Für die Liberalen forderte Sophie In't Veld, dass die Abgeordneten die "Effizienz" der Maßnahmen sicherstellen müssten. Websperren genügten diesem Kriterium nicht. Das von dem Vorschlag ausgeblendete eigentliche Problem sei, dass 80 Prozent des Missbrauchs im familiären Umfeld, im Sportverein oder in der Schule stattfänden. Es mache daher keinen Sinne, sich "allein auf das Internet zu konzentrieren". Jan Philipp Albrecht von den Grünen appellierte an die Kommission, die Ergebnisse von Studien etwa der European Financial Coalition zum starken Rückgang kommerzieller Kinderporno-Seiten nicht untern Tisch zu kehren. Die Sozialdemokratin Birgit Sippel fragte nach dem noch nicht erkennbaren "Mehrwert" des Entwurfs. Die CDU-Abgeordnete Sabine Verheyen gab die Parole aus, dass man "mit bloßem Verstecken" von Missbrauchsbildern nicht weiterkomme und das Übel besser "an der Wurzel bekämpfen" sollte. (Stefan Krempl) / (jk)

    Quelle: Heise.de

  15. #30
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    Showdown zwischen Befürwortern und Gegnern von Websperren in Brüssel

    Zum Abschluss der zweitägigen Anhörung im EU-Parlament zum Richtlinienentwurf der EU-Kommission zur besseren Bekämpfung der Kinderpornographie prallten am heutigen Mittwoch Verfechter und Widersacher von Websperren aufeinander. Bei der Verbreitung von Abbildungen sexuellen Kindesmissbrauchs handle es sich um eine "massive Verletzung der Privatsphäre der Betroffenen", erklärte John Carr von der European NGO Alliance for Child Safety Online (ENACSO) in Brüssel. Daher sollte "jede Maßnahme" zur Zugangserschwerung einschließlich der Blockade kinderpornographischer Webseiten "mit beiden Händen ergriffen werden". Christian Bahls vom Verein Missbrauchsopfer gegen Internetsperren (MOGiS) hielt dagegen, dass Sperren "keine Lösung" und vom Großteil der direkt Betroffenen nicht gewünscht würden.

    Missbrauchsopfern geht es laut Bahls weniger um die Darstellung der Bilder, als vielmehr um die Tatsache, "dass es sie überhaupt gibt". Das zeige, dass die internationale polizeiliche Zusammenarbeit nicht funktioniere und vergleichbare Anstrengungen zum Löschen der Seiten wie bei Phishing-Angeboten nicht unternommen würden. Sperren brächten letztlich die Macht zur Zensur mit sich und bedrohten so das demokratische Potenzial des Internets. Auf bereits bestehenden europäischen Filterlisten seien oft legale Seiten enthalten, erklärte Bahls. Das belgische Sperrverzeichnis etwa umfasse ausschließlich das Angebot stopkinderporno.com, auf dem sich ein Niederländer kritisch mit der Strafverfolgung der sexuellen Kinderausbeutung beschäftige und dabei auch auf konkrete Verdächtige verweise. Bahls forderte die Abgeordneten in einem offenen Brief daher auf, vor allem auf die von der Kommission vorgeschlagene Einrichtung einer allgemeinen Sperrinfrastruktur zu verzichten.

    Joe McNamee von der "European Digital Rights"-Initiative (EDRi) nannte Blockaden eine "echte Gefahr für den Kinderschutz und die Gesellschaft". So würden wertvolle Ermittlungsressourcen für die Erstellung und Bearbeitung der Listen abgezogen, während die Verfolgung der Täter vernachlässigt werde. Politik und Polizei würden zum Nichtstun verführt. Ferner starte ein Wettbewerb um die effektivsten Technologien zur Kontrolle des Netzzugangs, zumal sich die Kommission nicht für eine spezielle Filtermethode ausgesprochen habe. Am Ende stünde voraussichtlich die Durchleuchtung des gesamten Internetverkehrs.

    Schon jetzt fordert die Brüsseler Behörde laut dem Bürgerrechtler auch Projekte, in denen es etwa um die Blockade von Online-Gaming und um den "Schutz breiter wirtschaftlicher Interessen" gehe. Sei eine entsprechende Kontrollarchitektur erst einmal aufgebaut, könne das Rad kaum mehr zurückgedreht werden. Es würde dann auch lächerlich wirken, wenn sich die EU weiter für Internet- und Meinungsfreiheit in Diktaturen stark mache. Generell seien keine "symbolischen Maßnahmen", sondern "durchsetzbare Regeln zur Missbrauchsbekämpfung" nötig. In diesem Sinne rief auch Paul Durrant von der Providervereinigung EuroISPA nach einem "klaren Rechtsrahmen". Seiner Ansicht nach ist das Löschen das "einzige und beste Mittel", da sonst die illegalen Quellen online blieben, leicht kopiert und auf andere Server verlagert werden könnten. Die Zugangsanbieter hätten zudem bereits "viele praktischen Erfahrungen in der Kooperation mit Strafverfolgern" beim Entfernen rechtswidriger Inhalte.

    Peter Robbins von der Internet Watch Foundation betonte, dass sich die Zusammenarbeit der Provider untereinander und das anschließende Löschen bereits stark auf die Verfügbarkeit einschlägigen Materials insgesamt ausgewirkt habe. Statt "Tausenden" habe die britische Meldestelle inzwischen nur noch ein paar Hundert Webadressen auf ihrer Filterliste, die 60 Provider freiwillig einsetzen. Er verwies ebenfalls darauf, dass Sperren prinzipiell auch legitime Inhalte nicht verfügbar machen und missbraucht werden könnten. Man müsse daher auf die Verhältnismäßigkeit und Transparenz dieser Maßnahme achten.

    Für Carr, der die britische Filterlösung 2004 maßgeblich mit vorantrieb, sind die Argumente der Gegner der Blockaden kinderpornographischer Webseiten haltlos. Sperren seien eine "sehr wertvolle Maßnahme", die Demokratie und freie Meinungsäußerung in westlichen Ländern, die bereits darauf setzten, nicht zum Verdorren gebracht hätten. Auch Waffen könnten missbraucht werden, weswegen trotzdem kaum jemand einen generellen Bann dafür verlange. Es müssten "alle Wege" genutzt werden, um den Kinderschutz im Internet zu verbessern. Vertreter der Organisationen Missing Children Europe und End Child Prostitution, Pornography and Trafficking (EPCAT) gaben ihrem ENACSO-Kollegen Rückendeckung in der Sperrfrage.

    Nicht zuletzt plädierten Abgesandte der schwedischen und britischen Polizei, des Bundeskriminalamts (BKA) und von Interpol für Zugangserschwerungen, um unter anderem eine weitere "Viktimisierung" von Opfern zu vermeiden und Providern ihre "ethische Verantwortung" vor Augen zu führen. Julia Weiler von "Innocence in Danger" wollte den Fokus dagegen stärker auf die Erwachsenen legen, "die sich um Kinder kümmern". Diese müssten etwa schneller richtige Schritte einleiten, wenn sie Missbrauchsanzeichen entdeckten.

    Die der konservativen Europäischen Volkspartei angehörende Berichterstatterin im federführenden Innenausschuss, Roberta Angelilli, merkte abschließend an, dass die Parlamentarier "irgendwann etwas Konkretes tun" müssten. Dem Übel im Internet die Wurzel zu ziehen sei das Wichtigste. Wo das aber nicht möglich sei, "sollte man wenigstens sperren können". Für das weitere Vorgehen ist der Zeitrahmen eng gefasst. Schon am 11. Oktober soll der Entwurf für die Empfehlung der Innenpolitiker vorgestellt werden, die Abstimmung darüber ist für den 15. November geplant. Noch vor Jahresende könnte der Bericht dann in 1. Lesung durchs Plenum. Der EU-Rat will seinen Beschluss spätestens am 8. Dezember treffen, sodass alle Brüsseler Gremien im Januar über ein gemeinsames Schlusspapier verhandeln könnten. (Stefan Krempl) / (vbr)

    Quelle: Heise.de

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